1700 Jahre alt und kein bisschen weiser – Wahlwerbung am Wahltag in der Synagogen-Gemeinde Köln

Am 25. Oktober 2020 fanden in der Synagogen Gemeinde Köln die lang ersehnten Wahlen in der Gemeindevertretung statt. Sie wurden lange erwartet, da sie wegen der Covid19-Pandemie von Mai auf Oktober verschoben wurden.

Eine unerwartet „große“ Zahl von Menschen kam zu den Wahlen, 446 von 3502 Wahlberechtigten.  Trotz der sich mit der Pandemie verschlechternden Gesamtsituation verliefen die Wahlen der Gemeindevertretung vergleichsweise erfolgreich.

Bevor ich mich dem Hauptthema zuwende, möchte ich einen wichtigen positiven Punkt erwähnen. Wahrscheinlich zum ersten Mal in der Geschichte der Wahlen in der SGK wurde das Gemeindeblatt unmittelbar nach den Wahlen veröffentlicht (versandt) und somit von niemandem als Wahlwerbung benutzt werden durfte. Dafür kann ich mich sowohl bei der Wahlkommission als auch bei der Gemeindeführung bedanken.

Wahlergebnisse

Die Ergebnisse (Abstimmungsergebnisse finden Sie hier) waren sie für manche Kandidaten unerwartet, für manche ist ein Traum, der in Erfüllung gegangen.

Das Wahlbündnis unter dem Motto „Sicher und gemeinsam für unsere jüdische Zukunft“ gewann 14 von 15 Sitzen. Würden die Wahlen mit einem solchen Wahlergebnis nicht in der jüdischen Gemeinde, sondern im Parlament irgendeines Staates abgehalten, würden die Sieger wahrscheinlich sofort der Machtusurpation beschuldigt werden.

Wahlwerbung am Wahltag

Igor Schkljar

Herr Schkljar kann zweifellos als Held des Tages bezeichnet werden. Vom letzten 15. Platz im Jahr 2017 stieg Herr Schkljar auf den vierten Platz auf und ließ nur drei derzeitigen Vorstandsmitgliedern an der Spitze. Nur eine Stimme trennt ihn vom dritten Platz. Ein wohlverdienter Platz im Vorstand, nicht wahr?

Wir müssen die von Herrn Igor Schkljar geleistete Arbeit würdigen. Er kümmerte sich nicht nur um seine eigenen Interessen, sondern unterstützte auch eine Gruppe von acht Personen, wobei er sich besonders aktiv für drei von ihnen einsetzte (Herren Leonid Kogan, Mikhail Orentlikher, Alexander Grodskij).

Ich halte es für erwähnenswert, dass Herr Grodskij ohne Herrn Schkljar weder ein Kandidat noch ein Mitglied der Gemeindevertretung geworden wäre. Wahrscheinlich werde ich mich nicht irren, wenn ich sage, dass Herr Schkljar alle verfügbaren Methoden der Wählerwerbung angewandt hat: Appelle bei Facebook, WhatsApp, Poster auf den Zufahrten zur Synagoge, doppelseitige Flyer, die an den Wählern verteilt wurden, wo immer es möglich war, einschließlich am Eingang zum Synagogengebäude, wo es nicht mehr erlaubt ist. Aber Herr Schkljar selbst verstieß nicht gegen die Wahlordnung, sondern befand sich außerhalb der Gemeindegelände.

Eine kreative Lösung…

Igor Schkljars Flyer wurden direkt vor dem Eingang der Gemeinde verteit.  Korrektur nach der Veröffentlichung: nach Aussagen von Hr. Schkljar hat die Person mit den Flyer freiwillig gehandelt und kein offizieller Vertreter war.

Die folgenden Flyer wurden Igor Schkljars persönlich und von seinem Helfer verteilt:

Auch der Mut von Herrn Schkljars ist überraschend. Das Verteilen von Visitenkarten mit Privatadressen und Telefonnummern ist ein Akt, der Respekt verdient (solche Karten / Flyer landen oft auf der Straße). Ich hoffe, dass die anderen Mitglieder der Gruppe „Sicher und gemeinsam für unsere jüdische Zukunft“ diesem würdigen Beispiel folgen werden und alle Kontaktdaten mindestens im Gemeindeblatt veröffentlicht werden.

Leonid Kogan, Robert Katona, Dr. Michael Rado

Die Herren Robert Katona und Leonid Kogan sowie Herr Igor Schkljars verbrachten den ganzen Wahltag in der Nähe der Synagoge, oder besser gesagt, an ihrer Eingang.

Im Gegensatz zu Herrn Schkljar verteilten sie keine Flyer an die Wähler, sondern die Tafeln Ritter-Sport-Schokolade, auf die die Namen der vier Kandidaten der Gruppe „Starke Repräsentanz – Starke Gemeinde“ aufgeklebt waren.

Da die Herren Katona und Kogan in der Gemeinde nicht besonders bekannt sind, haben die sich die Namensschilder besorgt:

Dr. Michael Rado

Herr Dr. Rado stand im Gegensatz zu seinen Kollegen aus der Gruppe „Starke Repräsentanz – Starke Gemeinde“ nicht den ganzen Tag am Eingang der Gemeinde.

Herr Dr. Michael Rado verteilte die Schokolade seiner Gruppe „Starke Repräsentanz – Starke Gemeinde“ direkt im Synagogengebäude und verstieß damit offenkundig gegen den folgenden Artikel der Wahlordnung der Synagogen-Gemeinde Köln:

Satzung / Wahlordnung / § 8 Öffentlichkeit

4. In und an den Gebäuden der Synagogen-Gemeinde Köln ist am Wahltag jede Beeinflussung der Wähler/innen durch Wort, Ton, Schrift oder Bild verboten.

Herr Dr. Michael Rado ist seit 1985 ständiges Mitglied der Gemeindevertretung und wurde mehrfach in den Vorstand gewählt. Er ist mit der Wahlordnung der Synagogengemeinde Köln bestens vertraut und ihm ist bewusst, dass seine Handlungen, wie auch die seiner Kollegen aus der Gruppe, gegen die Wahlordnung verstoßen.

Die Verteilung der Werbung am Eingang der Synagoge durch drei Mitglieder der Gruppe „Starke Repräsentanz – Starke Gemeinde“ sowie den Helfer von Igor Shklar ist unzulässig, satzungswidrige Wahlbeeinflussung, was zweifellos das Wahlergebnis beeinflusst hat.

Die Werbung am Synagogeneingang durch drei Mitglieder der Gruppe „Starke Repräsentanz – Starke Gemeinde“ sowie einem Vertreter von Igor Schkljar ist eine unzulässige, satzungswidrige Wahlbeeinflussung, die zweifellos das Wahlergebnis beeinflusst hat. Sehen Sie sich die Ergebnisse genau an!

Missachtung von Kaschrut

Bei den Wahlen im Jahr 2017 hatte Frau Bettina Levy bereits die Schokolade zu Werbezwecken verwendet. Aber sie hat es richtig gemacht, nicht am Eingang zur Gemeinde. Und die Schokolade, die verteilt wurden, steht auf der Liste der koscheren Produkte.

Es ist schade, dass die Kandidaten für die Gemeindevertretung eines der Grundgesetze des Judentums, die Kaschrutgesetze, mit solch offener Verachtung behandeln. Es ist verboten, nicht-koschere Produkte in die Synagoge zu bringen. Ritter-Sport Halbbitter verfügt nicht über das entsprechende Siegel und steht nicht auf den öffentlich zugänglichen Listen koscherer Produkte.

Über die Kosten der Wählerstimmen

Die große Zahl der erhaltenen Stimmen für die bestimmten Personen ist nicht nur die Wahl der Wähler, sondern das Ergebnis nicht allzu raffinierter Wahltechnologien. Wenn einem Wähler ein Schokoriegel ausgehändigt wird, ist dies nicht nur ein Bestechungsversuch, sondern auch ein primitiver psychologischer Schritt, der den Wähler dazu zwingt, ein Gegengeschenk zu machen – nämlich die Abgabe seiner Stimme.

Über die Haltung gegenüber den Wählern

Lieber Leser, beantworten Sie eine Frage ehrlich: wenn Sie zu den Wahlen gehen, treffen Sie im Voraus eine Entscheidung darüber, wen Sie wählen wollen? Halten Sie es nicht für einen Ausdruck äußerster Respektlosigkeit, wenn einige Kandidaten versuchen, die Meinung der Wähler am Wahltag zu beeinflussen?

Ich werde mich nicht irren, wenn ich sage, dass die meisten Wähler, die zu den Wahlen kamen, in der Sowjetunion geboren und aufgewachsen sind. Sie sind sehr verantwortungsbewusste Menschen. Wenn ein Kandidat die Wähler höflich am Eingang der Gemeinde begrüßt (und denen auch einen Schokoriegel gibt), werden viele Wähler für diesen Kandidat stimmen. Und auch die ehemaligen Sowjetbürger sind es gewohnt, für diejenigen zu stimmen, die schon lange an der Macht sind. Deshalb erhalten die Vorstandsmitglieder eine große Anzahl von Stimmen.

Wer wird in der Gemeindevertretung sitzen

Nicht nur für mich persönlich, sondern für viele Gemeindemitglieder ist es sehr wichtig, wer die Wähler in der Gemeindevertretung vertritt.

Die Mitglieder der Gemeindevertretung, die als Einwanderer nach Deutschland kamen, sollten ein positives Beispiel für Integration sein, wie z.B. die Herren Kravetz oder Kogan. Herr Grodskij hingegen ist ein negatives Beispiel für Integration. Nach seiner eigenen Vorstellung auf Facebook ist er arbeitslos und er hat keine Scheu öffentlich darüber zu schreiben.

Im folgenden Blogbeitrag erwähnte ich bereits das Facebook-Leben von Herrn Grodskij. Seine Äußerungen auf Facebook entsprechen nicht nur nicht dem moralischen Erscheinungsbild einer Person, die eine große öffentlich-religiöse Organisation vertritt, sondern sind auch politisch inkorrekt und können durchaus als rassistisch interpretiert werden, was die gesamte Gemeinde kompromittiert.

Offensichtlich stehen seine Ansichten im Widerspruch zu dem, was die Gemeinde verurteilt:

Quelle: Twitter KVB

Wir dürfen nicht vergessen, dass die Aktivitäten der Mitglieder der Gemeindevertretung für andere offen sind. Im Jahr 2021, anlässlich der 1700 Jahre jüdischen Lebens in Köln wird die SGK eine besondere Aufmerksamkeit genießen.

Die Tatsache, dass nach der Veröffentlichung meines Blogbeitrages „Antisemiten auf dem Weg zur Macht erschaffen“ Herr Grodskij auf dem Flyer (acht Kandidaten) mit drei Vorstandsmitgliedern erscheint, erlaubt mir die Behauptung, dass seine Ansichten und Äußerungen bei keinem der Vorstandsmitglieder, einschließlich Herrn Abraham Lehrer (Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland), negative Reaktion hervorrufen.

Ich erinnere mich an die Worte von US Präsident Roosevelt: „Somoza may be a son of a bitch, but he’s our son of a bitch.“

Legitimität von Wahlen

Die satzungswidrige Wahlwerbung am Wahltag am Eingang zum Wahllokal macht die ganzen Wahlen unfair und undemokratisch, somit sind die Ergebnisse verfälscht.

Die folgenden Kandidaten erhielten Dank einer satzungswidrigen Werbemaßnahme mehr Stimmen:

  • Abraham Lehrer
  • Felix Schotland
  • Bettina Levy
  • Igor Schkljar
  • Michael Rado
  • Leonid Kogan
  • Mikhail Orentlikher
  • Michael Licht
  • Daniel Weiss
  • Robert Katona
  • Alexander Grodskij

Glaubt jemand ernsthaft, dass Herr Krymalowski nicht in der Lage war, vor dem Eingang der Synagoge zu stehen und die Tafelschokolade mit seinem Namen darauf zu verteilen? Ich bin sicher, er hätte die koschere Schokolade verteilt.  Oder war Herr Dr. Reich nicht in der Lage eine zusätzliche Werbung für sich machen?

Alle, die am Wahltag vor dem Eingang der Gemeinde standen und Werbung gemacht haben, sind sich bewusst, dass dies in einer demokratischen Gesellschaft nicht akzeptabel ist. Glauben Sie wirklich, dass niemand merkt, was vor der Synagoge vor sich geht? Nicht hunderte Passanten, die vorbeigehen? Nicht die Polizisten, die im Auto gegenüber sitzen?

Jedes Mal, mit solchem Handeln, versuchen Sie zu beweisen, dass wir (Juden) es alle verdienen, negativ behandelt zu werden. Ihre Eitelkeit und Ihr unbezähmbares Verlangen nach geisterhafter Macht ist für andere nur ekelhaft, und wenn man Ihnen nichts davon sagt, dann nur aus Gründen der politischen Korrektheit.

Ihre Eitelkeit und Ihr unbändiges Verlangen nach „Macht“ ist verabscheuungswürdig für Ihre Mitmenschen, und wenn Ihnen nichts davon erzählt wird, dann nur aus Gründen der politischen Korrektheit. Durch Ihre Handlungen provozieren Sie Antisemitismus, dem unsere Kinder ausgesetzt sein werden.

Der Zentralrat der Juden (deren Vizepräsident Abraham Lehrer ist) spricht ständig von Demokratie. Warum sind solche Wahlen in Gemeinden möglich? Im Jahr 2017 habe ich mich bereits an den Präsidenten des Zentralrats der Juden gewandt, bei der Lösung des Problems der undemokratischen Wahlen zu helfen, aber …

Es ist eine Schande, dass jedes Mal in unserer Gemeinde die demokratischen Normen und Prinzipien offen und ohne jegliche Scheu mit Füßen getreten werden.

Und es ist besonders traurig feststellen zu müssen, dass diese Praxis mindestens seit dem zweiten Jahrzehnt nicht aufgehört hat…

P.S. Verehrte Mitglieder der Gemeindevertretung, Sie wissen was in solch einer Situation zu tun ist, daher ist das nur eine Frage des Wollens.