Zwischen Paranoia und Praktikabilität – Vorschläge an den Wahlausschuss unter der Lupe

In diesem Artikel finden Sie eine Reihe von „ungewöhnlichen“ Vorschlägen an den Wahlausschuss und meine manchmal sarkastischen Kommentare dazu.

Bei den Vorschlägen handelt es sich um Maßnahmen, die weit über das hinausgehen, was für faire und transparente Wahlen normalerweise erforderlich wäre. Es ist fast reines, pathologisches Misstrauen.

Vorschläge und Kommentare

Diese Vorschläge wurden mir leider nicht in schriftlicher Form ausgehändigt, sondern einmal vorgelesen und ich gebe sie aus dem Gedächtnis wieder. Es gab insgesamt 14 Vorschläge, leider kann ich mich nicht an alle erinnern, auch die Reihenfolge könnte anders sein. Die Autoren dieser Vorschläge sind mir nicht bekannt.

Die Vorschläge sind blau/kursiv hervorgehoben.

1. Identische Abstimmungszeiten in allen Wahllokalen

Das Thema wurde in diesem Artikel (Durchführung der Wahlen in Gemeindezentren) bereits ausführlich behandelt. Die derzeitige Wahlordnung lässt dies nicht zu, ohne gegen andere Punkte der Wahlordnung zu verstoßen.

Versuchen wir, die Situation mit Zahlen zu erklären. Unsere Gemeinde hat 4.000 Mitglieder. In Chorweiler leben 800 und in Porz 600 Gemeindemitglieder.

Das Hauptwahllokal in der Roonstraße ist also für die Stimmabgabe von 2600 Mitgliedern (4000 – 800 – 600 = 2600) vorgesehen und von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint die Öffnungszeit von 11 bis 14 Uhr in den beiden anderen Wahllokalen durchaus angemessen. Nach einfacher Logik benötigt man für 800 Personen 3,25 mal weniger Zeit als für 2600 Personen. Auch die Wahlkommission hat aus den letzten Wahlen gelernt und wird die Zahl der Wahlkabinen erhöhen. Außerdem gibt es keine Corona-Maßnahmen mehr, so dass die Wähler nicht mehr draußen warten müssen.

Die Behauptung einiger Kandidaten, die Stimmung gegen den Wahlausschuss machen und sich als „Vertreter des Volkes“ präsentieren, dass wir uns hier mit der Situation in den Wahllokalen bei Kommunal- oder Bundestagswahlen vergleichen müssen, ist schlichtweg falsch. Bei Kommunal- oder Bundestagswahlen sind die Wahllokale immer für eine gleiche Anzahl von Personen vorgesehen, was bei uns nicht der Fall ist.

Wahlbeteiligung im Jahr 2021:

  • Hauptwahllokal Roonstr. – 388
  • Wahllokal Chorweiler – 162
  • Wahllokal Porz  – 78

2. Die Stimmzettel werden vom Wahlausschuss unabhängig von der Gemeindeverwaltung in drei verschiedenen Farben bestellt. Ein Mitglied des Wahlausschuss überwacht die Herstellung. Die Druckvorlage muss anschließend vernichtet werden.

Die Wahlkommission ist keine juristische Person. Sie kann daher ohne die Gemeindeverwaltung keine Aufträge erteilen und keine Zahlungen leisten.

Bei der letzten Wahl mit drei Wahllokalen wurden jeweils (78, 162, 388) Stimmen abgegeben. Um diese Idee mit drei Farben realisieren zu können, braucht man wesentlich mehr Stimmzettel als mit einer Farbe. Ich bezweifle, dass irgendeine Druckerei es erlauben würde, den Druckprozess zu beobachten. Auch eine vernichtbare Druckvorlage gibt es in der modernen Zeit nicht mehr und kann daher auch nicht vernichtet werden.

3. Die fertigen Stimmzettel werden dann in einem verschlossenen und versiegelten Tresor mit zwei Schlössern aufbewahrt. Ein Schlüssel verbleibt beim Notar, der andere beim Vorsitzenden des Wahlausschusses. Die Versiegelung ist mit drei Unterschriften der Mitglieder der Wahlkommission zu versehen.

Wo und bei wem soll ein Tresor, der nur mit zwei Schlüsseln geöffnet werden kann (falls es einen solchen Tresor gibt), stehen und gemietet werden? Wenn ein Schlüssel beim Notar bleibt, braucht man dann ernsthaft noch eine Versiegelung mit drei Unterschriften?

Vorschlag: Um noch sicherer zu sein, könnte eine Liveübertragung (24/7) aus dem Tresorraum im Internet organisiert werden. Im Falle eines unbefugten Zugriffs auf den Tresor muss dessen Inhalt vernichtet werden…..

Im Ernst: Der logistische und finanzielle Aufwand für solche Maßnahmen steht in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Risiko.

4. Die Umschläge für die Stimmzettel sind ebenfalls in drei Farben zu bestellen und sicher aufzubewahren.

Hoffentlich braucht man für die Umschläge keinen Safe mit zwei Schlüsseln…

Vorschlag: Vielleicht sollten wir die Umschläge auch noch parfümieren – jede Farbe hat ihren eigenen Duft. So können wir Wahlbetrug auch mit verbundenen Augen riechen!

5. Am Wahltag entscheidet das Los, in welchem Wahllokal welche Farbe verwendet wird.

Vorschläge:

Wie wäre es mit einer Live-Übertragung der Farbauswahl? Auch mit Trommelwirbel?

Wäre es nicht sinnvoll, auch die Verteilung der Mitglieder des Wahlausschusses auf die jeweiligen Wahllokale per Los zu verteilen, natürlich auch um möglicher Korruption vorzubeugen?

6. Die Stimmzettel dürfen niemals in den Privatfahrzeugen der Mitglieder der Wahlkommission transportiert werden.

Da auf dem Weg vom zentralen Wahllokal zu den jeweiligen zwei Wahllokalen auch ein Rechtsanwalt dabei ist, finde ich es besonders mutig, einem deutschen Rechtsanwalt eine mögliche Manipulation vorzuwerfen.  Auch die Mitglieder des Wahlausschusses lassen sich lieber chauffieren, als selbst am Steuer zu sitzen. Dies sollte eine Selbstverständlichkeit sein (ohne Sarkasmus).

7. Die Mitglieder des Wahlausschusses bringen am Wahltag ein Hologramm oder einen Stempel auf den Stimmzetteln an, wenn das Stimmzettel dem Wahler gegeben wird.

Diesen Punkt müsste man wahrscheinlich präzisieren, aber wenn wir der Logik der Verfasser dieser Vorschläge folgen würden, müsste man drei unterschiedliche Stempel oder Hologramme bestellen.

Ich schlage vor, dass der Vorsitzende des Wahlausschusses und seine Stellvertreter ebenfalls einen Unterschriftsstempel erhalten, um den Stimmzetteln zusätzliche Sicherheit zu gewähren.  Sischer is sischer…

Wäre es nicht sinnvoll, den Fingerabdruck des Wählers mit Wahltinte auf dem Stimmzettel zu verewigen? Erstens dem Stimmzettel wird einen gewissen Charme verleiht und zweitens deutlich macht, dass der Wähler bereits gewählt hat.

8. Die erste Stimmauszählung findet im jeweiligen Wahllokal statt. Erst danach werden die Stimmzettel zum zentralen Wahllokal transportiert.

Doppelt gemoppelt hält bekanntlich besser. Ob dadurch die Transparenz erhöht wird, wage ich zu bezweifeln, aber es wird sicherlich zu unnötigen Zeitverzögerungen und Kosten (Rechtsanwalt am Sonntag, Sicherheitsdienst am Sonntag) führen.

9. Alle Stimmzettel werden eingescannt und können von allen Gemeindemitgliedern auf einer Website eingesehen und heruntergeladen werden.

Die Stimmzettel sind länger als DIN A4 und erfordern einen speziellen Scanner. (wie z.B. dieser: https://www.ibml.com/de/loesungen/wahlen-wahlscanner)

Wie die Autoren auf diese Idee kamen, ist mir ein Rätsel. Dieser Vorschlag widerspricht dem in Deutschland geltenden Recht auf das Wahlgeheimnis (Wahlgeheimnis). Möglicherweise haben diese Autoren keine Ahnung von der Rechtslage in Deutschland.

Selbst wenn die Stimmzettel anonym sind, könnten durch die Veröffentlichung Rückschlüsse auf das Wahlverhalten einzelner Personen gezogen werden.

Vorschlag: Warum nicht gleich eine Live-Übertragung jedes einzelnen Wahlvorgangs? Mit Gesichtserkennung und biometrischer Identifizierung? Oh Moment, das wäre ja illegal…

10. Es muss eine Videoaufzeichnung und Liveübertragung der Stimmauszählung geben.

Wenn die Mitglieder des Wahlausschusses einer Videoaufzeichnung oder Liveübertragung zustimmen, ist dies selbstverständlich möglich.

Da zu den Autoren dieser Vorschläge sicherlich auch die Kandidaten gehören, wäre es nicht sinnvoll, mit der Videoaufzeichnung oder Liveübertragung der Repräsentanten-Sitzungen zu beginnen?

11. Den Mitgliedern des Wahlausschusses ist es nicht erlaubt, während der Auszählung der Stimmen Schreibgeräte (Stifte, Kugelschreiber) in der Hand zu halten.

Die Autoren dieser Vorschläge sind wahrscheinlich der Ansicht, dass die Mitglieder des Wahlausschusses bei der Stimmauszählung zusätzliche Kreuze machen könnten. Theoretisch wäre es möglich, wenn alle Kugelschreibern einer Farbe sind.

Deshalb ein Vorschlag: Die Kugelschreiber sollten in vier verschiedenen Farben bereitgestellt werden – drei Farben für die Wahllokale und die vierte Farbe für die Auszählung (zum Ausfüllen der Formulare). Die Kugelschreiber, die beim Ausfüllen der Stimmzettel zum Einsatz kamen, müssen nach Beendigung der Abstimmungszeit eingesammelt und dem Notar übergeben werden.

12. Bei der Auszählung der Stimmen kann jedes Mitglied der Gemeinde neben den Mitgliedern des Wahlausschusses stehen und den Vorgang beobachten.

Ob die Mitglieder des Wahlausschusses unter solchen Bedingungen bereit sind zu arbeiten, ist fraglich.  Die Stimmenauszählung ist öffentlich. Und es ist schon jetzt störend, besonders wenn die Kandidaten in etwa 6 bis 8 Metern Entfernung von den Tischen des Wahlausschusses, sich lautstark unterhalten und alkoholische Getränke genießen.

Vorschlag: Wir könnten sogar Tribünen aufbauen und koscheres Popcorn verkaufen, alles unter dem Motto: „Demokratie hautnah erleben – jede Stimme zählt“.

13. Alle Scans (Punkt 9) werden zwei Wochen lang aufbewahrt bzw. zum Download zur Verfügung gestellt.

Was soll damit erreicht werden? Eine Neuauszählung, wenn jemand behauptet, die Auszählung am Wahltag sei falsch gewesen?  Was ist in diesem Fall zu tun? Sollen alle Stimmen neu ausgezählt werden oder nur die, bei denen ein Fehler „bemerkt“ wurde? Soll in diesem Fall auch ein Notar anwesend sein? Will die Wahlkommission alles noch einmal nachzählen? Und wenn eine andere Person einen vermeintlichen Fehler bei einem anderen Kandidaten sieht, noch einmal nachzählen?

Soll das Wahlergebnis erst nach zwei Wochen rechtskräftig werden?

Übrigens, wer trägt die Kosten der Nachzählung, hoffentlich die Person, die einen Fehler vermutet hat?


14. Meine Ergänzung zu den vorherigen Vorschlägen

Da es 14 Vorschläge gab, würde ich einen Vorschlag unterbreiten, um sicherzustellen, dass nur die „richtigen“ Personen in den Wahlausschuss gewählt werden.

Alle potentiellen Mitglieder des Wahlausschusses müssen folgende Dokumente vorlegen

  • ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis.
  • ein Arbeitszeugnis des derzeitigen Arbeitgebers.
  • eine charakterliche Eignungsprüfung durch einen Psychologen.
  • eine verpflichtende DNA-Probe zur Sicherstellung der Identität.
  • eine Bescheinigung des Finanzamtes, dass keine Steuerschulden bestehen.
  • falls der Kandidat nicht erwerbstätig ist, eine Bescheinigung des Arbeitsamtes, aus der hervorgeht, dass der Kandidat sich intensiv um eine neue Arbeitsstelle bemüht.
  • ein B2-Zertifikat (besser C1-Zertifikat) als Nachweis der für die Tätigkeit im Wahlausschuss erforderlichen Deutschkenntnisse.
  • ein notariell beglaubigtes Ehrenwort, dass keine Verbindungen zu wahlbeeinflussenden Organisationen bestehen und dass keine Länder mit offenkundig totalitären Regimen besucht wurden.

Darüber hinaus müssen sich alle Bewerber für den Wahlausschuss einem Lügendetektortest unterziehen, um nachzuweisen, dass sie

  • nicht im Interesse einzelner Kandidaten handeln. 
  • keine internen Informationen an die Kandidaten weitergeben (z. B. die E-Mail-Adressen von Kommissionsmitgliedern an Kandidaten weitergeben)
  • die Aufgaben des Wahlausschusses ernst nehmen werden (z.B. an einer Kommissionssitzung teilnehmen).
  • sich aktiv gegen mögliche Wahlmanipulationen einsetzen.

Ich glaube sogar, dass einige der oben genannten Punkte auch für die Kandidaten in die Gemeindevertretung gelten würden (ohne Sarkasmus!).

Projektion in Psychologie

Projektion ist ein Abwehrmechanismus, bei dem eine Person ihre eigenen unerwünschten Gedanken, Gefühle oder Neigungen auf andere überträgt. Wenn jemand einer Wahlkommission durch solche Vorschläge Manipulation oder unethisches Verhalten unterstellt, könnte es sein, dass diese Person ihre eigenen Ängste, Unsicherheiten oder vielleicht sogar die Neigung zur Manipulation auf die Kommission projiziert.

Halachische Sicht

Wenn wir neben der psychologischen auch eine halachische Sicht auf diese Situation einnehmen, kommen wir zu einem ähnlichen Ergebnis.

Wenn jemand dazu neigt, in anderen vorwiegend potenzielle Betrüger zu sehen, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass diese Person selbst mit ähnlichen Neigungen oder Ängsten zu kämpfen hat. In den Vorschlägen erkennen wir jedoch ein übertriebenes Misstrauen und den Wunsch nach extremer Kontrolle.

Die Kommentare zum Abschnitt „Re’eh“ lehren uns, dass unsere Wahrnehmung der Welt oft ein Spiegel unserer eigenen inneren Realität ist.

Fazit

Auch wenn meine Kommentare teilweise sarkastisch formuliert sind, hinterlassen diese 13 Vorschläge einen äußerst besorgniserregenden Eindruck. Es ist paradox, dass die Autoren offenbar kein Problem damit haben, dass am Wahltag direkt vor dem Eingang zum Wahllokal Wahlwerbung verteilt wird und damit der Wille der Wähler beeinflusst werden könnte, während sie gleichzeitig eine Liveübertragung der Auszählung fordern.

Besonders bedenklich ist das offensichtliche Misstrauen gegenüber den eigenen Gemeindemitgliedern, insbesondere jenen, die in der Wahlkommission tätig sind und größtenteils von den Kandidaten selbst nominiert werden.  Dieses Maß an Misstrauen und die Besessenheit einen totalen Kontrollwahn von außen widerspricht nicht nur der Wahlordnung der Gemeinde und den allgemein anerkannten Wahlregeln, sondern auch den Grundsätzen des Zusammenhalts, die die jüdische Gemeinschaft kennzeichnen sollten.

Die Wahlordnung sollte schließlich so angepasst werden, dass Transparenz und Integrität in unseren Wahlprozessen gewährleistet sind. Und den wenigen Gemeindemitgliedern, die regelmäßig Betrug und Manipulation vermuten, sei geraten, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

P.S.

Ich würde gerne erfahren, wer zu den Autoren dieser Vorschläge gehört.

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