Dieser Beitrag ist die Fortsetzung des Beitrags „Wahlversprechen und Wahlprogrammanalyse 2024“, in dem die Bewertung der weiteren 20 Kandidaten erfolgt.
Bei der letzten Wahl 2021 gab es keinen Kandidaten, dessen Wahlprogramm so sehr durch offenen Populismus glänzte, dass es einen eigenen Blogbeitrag wert gewesen wäre. In diesem Jahr sind es sogar zwei Kandidaten: Alexander Grodskij und Igor Schkljar. Von den sieben Punkten stimmen fünf Punkte mit dem Programm von Igor Schkljar überein. Wer ist der Autor?
Der erste Blog-Beitrag geht in alphabetischer Reihenfolge an Herrn Alexander Grodskij.
Werbeblatt von Alexander Grodskij
Der aufmerksame Wähler wird sich sicherlich daran erinnern, dass Alexander Grodskij bei dieser Wahl für seine Selbstdarstellung das Layout einer Gruppe (mit dem Moto „Sicher und Gemeinsam für unsere Jüdische Zukunft“) verwendet, der bereits bei den Wahlen 2020/2021 von 16 Personen, angehörten.
Es ist sehr bedauerlich, dass Alexander Grodskij sich nicht die Mühe gemacht hat, ein eigenes Layout zu entwerfen oder seine Punkte einfach auf einem weißen A4-Blatt zu präsentieren. Die Verwendung des Wortes „wir“ in einem Wahlprogramm, das nur eine Person betrifft, wirkt lächerlich.
Diese Seite ist analog zum Hauptbeitrag aufgebaut. Meine Fragen/Kommentare sind grün/kursiv hervorgehoben.
Alexander Grodskij
- Lehrkraft für eine ukrainische Integrationsklasse
Biografie
Ich bin 1970 in Donezk, Ukraine geboren. Nach dem Studium war ich als Englischlehrer tätig. 1995 kam ich nach Deutschland, wo ich ein zweites Studium an der Uni Köln absolvierte. Ich bin Magister für Englisch, Deutsch und slawische Sprachen. Parallel zum Studium war ich als Sicherheitsmitarbeiter der Synagogen-Gemeinde tätig. 2012 studierte ich Judentum in Jeschiwa Hadar Hatorah in Brooklyn. Zurück in Deutschland arbeitete ich als Nachhilfelehrer und später unterrichtete Deutsch als Fremdsprache an der Volkshochschule Köln. Ich engagierte mich auch ehrenamtlich für die Menschen in der Ukraine. Außerdem übersetzte ich zeitgenössische Literatur, zum Beispiel, den Roman unseres Gemeindemitglieds Bella Liebermann über das Schicksal jüdischer Kantonisten. Zurzeit führe ich eine Integrationsklasse mit ukrainischen Schülern und leite einen Deutschkurs in unserer Gemeinde für jüdische Flüchtlinge aus der Ukraine (stimmt nicht mehr). Ich bin Mitglied der Synagogen-Gemeinde Köln seit 1997.
Interessant ist, dass die Biographie von Alexander Grodskij jedes Mal angepasst, verkürzt oder erweitert wurde, z.B. im Jahr 2021, als er sich auf seine Tätigkeit als Sicherheitsmitarbeiter der Gemeinde konzentrierte und seine Tätigkeit als Deutschlehrer, Übersetzer oder sein Engagement für die Ukraine nicht einmal erwähnte. Nun ja, damals gab es keine Flüchtlinge aus der Ukraine als Wähler…
In diesem Jahr findet er die Erwähnung seines Studiums an der Hadar Hatorah Jeschiwa sinnvoll, obwohl Alexander Grodskij seine atheistische Einstellung nicht verleugnet. Interessanterweise ist diese Jeschiwa für Männer, die Baalei Teshuva sind.
Meine persönlichen Ziele für die Synagogen-Gemeinde Köln
- Einstellung des Rabbiners Levy Seligson in der Gemeinde. (auch bei Igor Schkljar)
Alexander, der Rabbiner heißt Levi Zelixon und nicht Levy Seligson. Ist das nicht ein Zeichen dafür, wie ernst die Sache genommen wird?
- Gezielte Förderung junger jüdischer Familien mit Kindern. (auch bei Igor Schkljar ein ähnlicher Vorschlag)
Eine typisch populistische Phrase, der mehr Konkretisierung benötigt, um seine Umsetzbarkeit beurteilen zu können.
- Bessere Versorgung mit koscheren Produkten. (auch bei Igor Schkljar ist das Thema präsent) Ein iranischer Kiosk scheint mir eine schwache Lösung zu sein.
Auch hier ist der Punkt „Bessere Versorgung mit koscheren Produkten“ nicht wirklich spezifiziert. Hat Herr Grodskij übrigens den Bedarf ermittelt?
„Iranischen Kiosk“ weckt in mir äußerst negative Emotionen und erinnert mich unangenehm an Parolen wie „Kauft nicht bei Juden“. Ich bin mir sicher, dass ein Iraner, der koschere Produkte verkauft, nicht unbedingt Zustimmung von vielen seiner Landsleute erhalten würde. Angesichts der aktuellen politischen Lage verdient der Kioskbesitzer jedoch umso mehr unsere Anerkennung und Unterstützung.
Der Kioskbesitzer hat mehr für die Kölner Juden getan, als so manches Mitglied der Gemeindevertretung, das manchmal zum Abendessen zu den Sitzungen kommt.
- Übersetzung aller Reden bei Versammlungen für russischsprachige Mitglieder.
Vor ungefähr fünfundzwanzig Jahren hätte dieser Vorschlag definitiv positive Rückmeldungen erhalten. Diejenigen, die aus Altersgründen die deutsche Sprache nicht mehr lernen konnten, sind leider nicht mehr unter uns. Die anderen, die seit Jahrzehnten hier leben, hatten genug Möglichkeiten, die Sprache des Landes zu lernen.
Herr Grodskij hat bei der Gemeindeversammlung erwähnt, dass er selbst übersetzen kann. Er kann dies gerne tun, dafür ist kein Platz in der Gemeindevertretung erforderlich.
- Gewährleistung ordnungsgemäßer Funktionierung von Mikrofonen im Gebetsraum und in der Aula.
Wäre es nicht sinnvoll, zumindest zu versuchen, die Hintergründe des Problems zu verstehen? Andernfalls sieht es so aus, als würde eine Person, die nicht Auto fahren kann, gegen einen Baum fahren und das Auto dafür verantwortlich machen.
Nach meinen Recherchen handelt es sich bei der Audioanlage im Gemeindesaal um ein Bedienungsfehler. Die komplette Anlage wurde vor einigen Jahren von einer Fachfirma neu installiert. Die Anlage im Gebetsraum wird für die jeweilige Veranstaltung angemietet.
- Einrichtung eines Infokanals der Gemeinde auf WhatsApp. (auch bei Igor Schkljar)
Für welchen Zweck soll die WhatsApp-Gruppe dienen, wenn es bereits mehrere Informationskanäle der Gemeinde gibt: Gemeindeblatt, Newsletter, Facebook-Seite. Außerdem ist nicht klar, ob es sich um einen WhatsApp-Channel oder eine WhatsApp-Gruppe handelt.
Herr Grodskij scheint sich der rechtlichen (DSGVO) und sicherheitstechnischen Aspekte der Einrichtung einer WhatsApp-Gruppe nicht bewusst zu sein.
- Kostenlose Platzreservierung am Friedhof im Bocklemünd. (auch bei Igor Schkljar)
Dieser Punkt ist sogar doppelt im Wahlprogramm von Grodskij vorhanden. Naja, „doppelt gemoppelt“ hält bekanntlich besser.
Fangen wir damit an, dass dieser Vorschlag ein durchsichtiger Versuch ist, mit unrealistischen Versprechen insbesondere die Stimmen älterer russischsprachiger Wähler zu gewinnen und daher präzisiert werden muss. Um welche Art von Reservierung handelt es sich hier? Zum Beispiel: Neben den verstorbenen Ehegatten? Oder Kinder neben den Eltern? Oder einfach im Voraus reservieren?
Die Platzreservierung neben dem verstorbenen Ehepartner für die Personen, die von der Grundsicherung leben, kostet derzeit 180 Euro und gilt für 10 Jahre. Danach muss sie erneuert werden. Dieser Betrag ist als Einmalzahlung für absolut jeden mehr als zumutbar. Für Berufstätige kostet die Platzreservierung einmalig ab 2.800 Euro (je nach Lage des Platzes).
Bedenken Sie, dass die letzte Erweiterung der Friedhofsfläche die Gemeinde fast 1 Million Euro gekostet hat. Diese Fläche muss noch hergerichtet werden. (Mehr dazu im Gemeindeblatt, ein Beitrag von Daniel Lemberg, Seite 59)
Stellen Sie sich vor, was passieren würde, wenn wir alle von heute auf morgen einen Platz auf dem Friedhof reservieren würden. Dann hätten diejenigen, die uns für immer verlassen, keinen Platz mehr. Wäre das gerecht?
Außerdem glaube ich nicht, dass die anderen Kandidaten, die ihren Lebensunterhalt selbst verdienen oder verdient haben und nicht auf Staatskosten leben, diesen Vorschlag unterstützen werden.
- Errichtung eines bequemen, barrierefreien Übergangs von der Straßenbahnhaltestelle zum Friedhofseingang.
Tatsache ist, dass vor einiger Zeit der Übergang von der Straßenbahnhaltestelle zum Friedhof gepflastert wurde (durch den Vorstand initiiert, wenn ich mich nicht irre). Bevor eine technische Maßnahme vorgeschlagen wird, sollte die Machbarkeit geprüft und geklärt werden, warum der barrierefreie Übergang nicht realisiert wurde. Hat Herr Grodskij diese Frage geklärt?
Um eine Verbesserung der Barrierefreiheit an der Haltestelle Bocklemünd zu erreichen, habe ich mich an die dafür verantwortlichen Stellen bei der Stadt Köln gewandt. Hier ein Auszug aus dem Antwortschreiben einer zuständigen Mitarbeiterin des Amtes für Straßen und Radwegebau: „Ein barrierefreier Umbau der betroffenen Stelle wird von unserer Seite angestrebt. Aufgrund der hohen Auftragslage kann die Bearbeitung Ihres Anliegens noch etwas Zeit in Anspruch nehmen.“ Die Geschäftsführung der Gemeinde wurde über die Einzelheiten informiert.
- Kostenlose Platzreservierung am Friedhof in Bocklemünd.
Fazit
Das gemeinsame Fazit zu allen Kandidaten inkl. den Herren Grodskij und Schkljar ist hier zu finden: Schlussfolgerungen zu den Wahlprogrammen SGK 2024
Analyse des Wahlprogramms von Igor Schkljar: offen
P.S.
Lieber Sascha,
bei unserem letzten Gespräch hast Du mich gefragt, ob ich Dir meine Stimme geben würde. Meine Antwort war (ungefähr), dass ich bei Dir nicht die Fähigkeit erkenne, eigenständig zu handeln und zu entscheiden. Versuche doch einmal, von Deinem Wahlprogramm zu abstrahieren und es aus der Sicht eines völlig Außenstehenden zu betrachten. Antworte dann bitte ehrlich: würdest Du einem Kandidaten wie Alexander Grodskij Deine Stimme geben?
Gerne können Sie Ihre Kommentare zu den Wahlprogrammen oder der Analyse in meinem Blog veröffentlichen. Fakten und Argumente sind willkommen.