Der Machtvirus und die Immunität gegen die Anständigkeit

Für mich bleibt unbestritten, dass die jüdische Gemeinschaft Deutschlands krank ist. Wobei die jüdische Gemeinde in Deutschland mit ihren 100 000 Mitgliedern mehr Konflikte und Skandale aufzählt als Gemeinden anderer Konfessionen mit Millionen von Mitgliedern. Soweit ich mich erinnere, fanden in den jüdischen Gemeinden, und finden immer noch, mit einer beneidenswerten Häufigkeit, resonante Geschehnisse statt. Die Palette reicht hier vom Sturm der Gemeinde Halle (Saale) durch die Polizei über den Finanzskandal in Augsburg bis hin zu den Gerichtsprozessen zwischen den Gemeinden des ZdJ und den neuen progressiven Gemeinden. Auf den ersten Blick scheinen die Gründe für die Skandale unterschiedlich zu sein. Doch bei aller ihrer Vielfältigkeit kann man behaupten, dass in vielen unserer Gemeinden die Immunität gegen die Anständigkeit erhöht ist und einige Gemeindeführungen an dem Machtvirus erkrankt sind.

19 August, 2005. An diesem Tag empfing die Kölner Synagogen-Gemeinde bei sich den Papst Benedikt XVI. Im offiziellen, diesem Besuch gewidmeten, Gemeindeblatt sind fast alle wichtigen Charaktere meines heutigen Artikels mit Begeisterung vermerkt. Es beinhaltet ihre großen Worte über die Bedeutung des Besuchs für das Judentum insgesamt und für das Judentum Deutschlands und zum Teil Kölns. Es wird über das Eine mit den gleichen Worten von vielen Mitgliedern gesprochen, angefangen bei der Gemeindeführung bis hin zum „einfachen sowjetischen Juden“ Isaak O., der ebenfalls den Papst persönlich begrüßen durfte. Einer der Artikeln heißt sogar „Langsam verstehen ich, dass wir Geschichte schrieben“. Genauso. Nicht mehr und nicht weniger.

Allerdings haben die Kölner Juden anscheinend vergessen, dass die jüdische Geschichte jeden Tag geschrieben wird, und nicht nur wenn ihre Gemeinde von irgendwelchen bekannten Persönlichkeiten besucht wird. Und gerade deswegen sind nicht alle Seiten jüdischer Geschichte, die von den Mitgliedern und der Führung der Kölner Gemeinde geschrieben werden, diese Geschichte wert.

Freunde entscheiden sich

Die Entscheidung über die Durchführung der nächsten Wahlen zur Vertretung der Kölner Gemeinde wurde bei der Vollversammlung am 17. September, 2006 getroffen. Die Wahlen fanden am 10. Dezember statt und wurden am 21. Januar 2006 vom Schieds- und Verwaltungsgericht des ZdJ annulliert. Versuchen wir mal, das zu verstehen, was in diesen Zwischenräumen passiert ist.

Auf der Vollversammlung am 17. September 2006 wurden Kandidaten für die Vertretung vorgeschlagen; Mitglied der Gemeinde und deren Geschäftsführer, hat höchst persönlich die Namen der sieben von ihm vorgeschlagenen Mitglieder der Wahlkommission, vorgelesen und irgendjemand hat noch zwei weitere Mitglieder vorgeschlagen.

Doch da bei der Versammlung nur 107 Menschen anwesend waren und das Quorum, nach der Satzung, die Anwesenheit von mindestens 2/3 stimmberechtigter Mitglieder vorschreibt (die Gemeinde hat fast 5000 Mitglieder, 80% von ihnen stimmberechtigt), war die Vollversammlung nicht dazu berechtigt, eine Entscheidung über die Wahlen zu treffen. Also wurde die Sitzung geschlossen und eine halbe Stunde später eine weitere Vollversammlung einberufen. Die zweite Versammlung hatte das Recht, Entscheidungen zu treffen, unabhängig von der Anzahl der anwesenden Mitglieder.

Bei der zweiten Vollversammlung hat das Gemeindevolk einstimmig das Datum der Wahlen und die Liste der Kandidaten für die Vertretung bestätigt und alle neun vorgeschlagenen Mitglieder in die Wahlkommission ernannt (unter ihnen niemand, der Russisch beherrschen könnte), obwohl die Wahlordnung genau sieben Mitglieder für die Wahlkommission vorsieht.

Mit diesem, wie es scheint, formalen Verstoß, doch eigentlich mit der Respektlosigkeit gegenüber den eigenen Normen, hat eine Handlungsserie angefangen, die die Legitimität der Wahlen in Frage stellt.

In dem Brief vom 21. September 2006 hat die Wahlkommission mitgeteilt, dass jeder Kandidat das Recht auf eine Seite in der speziellen Ausgabe des Gemeindeblattes hat, um seine Kandidatur vorzustellen. Am 14. November haben dann alle Gemeindemitglieder diese Ausgabe mit Informationen über alle Kandidaten und darüber, wie die elektronische Wahlmaschine funktioniert, erhalten. Es gehört nicht zu meinen Aufgaben, Programme der Kandidaten zu vergleichen. Ich möchte lediglich so genau wie möglich über die Methoden des Vorstands und seiner Unterstützer im Kampf gegen Andersdenkende erzählen.

Die Gruppe der Kandidaten bestehend aus Genadi M., Anatoli K., Prof. Igor E., Alexander Z., Eleonora G., Raisa F. und Leonid G. hat sich dazu entschlossen, zu den Wahlen als ein Block anzutreten. Der Block hat in der Novemberausgabe der nicht jüdischen monatlich erscheinenden Zeitung „Kölner Forum“ sein Wahlprogramm, sowie einige Kurzinformationen über jeden der Kandidaten, veröffentlicht und auch finanziert. Die Mitglieder des Blocks haben um Kritik, Ergänzungen und Wünsche bezüglich ihres Programms gebeten.

Ist diese Publikation einen Verstoß gegen die Wahlordnung und die Entscheidungen der Wahlkommission?

Betrachten wir die Wahlordnung einmal näher. Im Kapitel „Durchführung der Wahlen steht geschrieben, dass in den Räumen der Kölner Synagoge und in ihrer Nähe jede Agitation der Mitglieder (mündlich, auf Plakaten, auf Transparenten oder mit Hilfe technischer Radiogeräte) verboten sei. Meiner Ansicht nach, widerspricht die Nutzung der freien Presse in keinster Weise dieser Bestimmung. Es ist mir nicht bekannt, dass die Gemeindemitglieder dem Aufruf des Blocks gefolgt sind, aber die Antwort der Konkurrenz ließ nicht lange auf sich warten. Am 24. November haben die Gemeindemitglieder das Gemeindeblatt (11/2006) erhalten. Darin haben die Vorstandsmitglieder Ronald G., Abraham Lehrer, Dr. Michael Rado, sowie Prof. Dr. Alexander I. ein Begrüßungswort verfasst, worin der Bericht der Revisoren für das Rechnungsjahr 2005 zitiert wird, nämlich „Wir freuen uns … mitteilen zu können, dass die Gemeinde uns finanziell gesund erscheint und ohne Berücksichtigung von nur buchmäßigen Kosten einen respektablen Gewinn erwirtschaftet hat. Die Liquiditätslage hat sich weiter stabilisiert“. Wie die Finanzen aussähen, wenn diese buchmäßigen Kosten doch berücksichtigt werden, wird verschwiegen. Was der Satz mit der Stabilisierung der Liquiditätslage konkret bedeutet ist schwer zu verstehen.

80% des Begrüßungswortes bestehen aus den Darstellungen der siegreichen Errungenschaften des Vorstands, worauf der „elegante“ Übergang zur „Reichspogromnacht am 9. November 1938“ und die heutige Erscheinungsform des Rechtsextremismus folgen. Anschließend schreiben die Autoren: „Einer der Gründe für das Erstarken des Rechtsextremismus in diesem Lande ist die zunehmende Wahlmüdigkeit der Bürger. Wo das Wahlrecht nicht mehr wahrgenommen wird, da bekommen extreme Gruppierungen ungeahnte Chancen. Das gilt auch für die Arbeit in unserer Synagogen-Gemeinde Köln. Mit Ihrer Stimme können Sie entscheidend dazu beitragen, dass auch in den kommenden Jahren Menschen in der Gemeindevertretung arbeiten, die sich um jüdische Belange, um Integration und um den Ausgleich zwischen den Gemeindemitgliedern bemühen.“ Wer genau als rechte Gruppierung innerhalb der Gemeinde gemeint ist, wird nicht mitgeteilt.

In derselben Ausgabe des Gemeindeblattes unter der Rubrik „Dies sind Ihre Kandidaten für die Wahl zur Gemeindevertretung am 10.12.2006“ gab es ein Programm der, man weiß nicht nach welchem Prinzip ausgewählten, 13 Kandidaten, die sich als eine Mannschaft bezeichnen, und anscheinend keine für die Gemeinde gefährliche Randgruppe darstellen.

Als „Ihre Kandidaten“ werden Mitglieder des amtierenden Vorstandes Ronald G., Abraham Lehrer und Dr. Michael Rado, Vorsitzender der Gemeindevertretung Ilan S., sowie Isabella Farkas, Cora Herrmann, Elina J., Daniel L., Michael Licht, Minna M., Mikhail Orentlikher, Dr. Simon Reich und Renée R. bezeichnet. Rein zufällig waren sie zu dem Zeitpunkt alle Mitglieder der damaligen Vertretung. Obwohl in der Ausgabe bis dahin zweimal alle Kandidaten, und nicht nur die 13, erwähnt werden, hätte die Vorstellung „Ihrer Kandidaten“, ihrer Namen und Programme von den Gemeindemitgliedern durchaus als endgültige Liste der zugelassenen Kandidaten aufgefasst werden können. Hier sind drei von sechs Punkten aus dem Programm der 13:

– die Transparenz und die Stabilität des Budgets, was auch so bleiben solle

– Die Gründung (es stand dort wirklich, sie hätten es gegründet) des jüdischen Kulturzentrums in Porz und das Vorhaben, ein neues Zentrum des jüdischen Lebens für die Gemeindemitglieder in Chorweiler zu errichten.

– Sie wollten weiterhin als ein Team zum Wohl der Gemeinde arbeiten.

Naja, die Menschen finden die Ergebnisse ihrer Arbeit sehr gut und wollen weiterarbeiten. Was kann man dagegen einwenden? Nichts. Doch wurde diese Werbung den Richtlinien des Wahlausschusses zum Trotz gedruckt und folglich, verletzt sie die Rechte anderer Kandidaten.

Bin ich etwa daran schuld, dass mich der Liebespfeil getroffen hat?

Wie Sie als Leser bereits erfahren haben, verbietet die Gemeindewahlordnung jegliche Agitation in den Gemeinderäumen und in ihrer Nähe. Doch wenn ein wirklich gut informierter Mensch am Tag der Wahlen den unmündigen Wählern helfen will, zu verstehen, für wen sie ihre Stimme abgeben sollen, hilft er ihnen. So kam am Tag der Wahlen zur Vertretung, dem 10.12.2008 der Bibliotheksmitarbeiter Isaak O. zum Eingang und fing an laut und offensichtlich per Mundpropaganda, Agitation zu betreiben. Dies haben Mitglieder der Wahlkommission, die Vorstandsmitglieder und auch die Mitglieder der noch amtierenden Vertretung gesehen, aber nichts dagegen unternommen. Warum auch? Hat Herr O. doch für diejenigen geworben, die schon jahrelang die Gemeinde regieren. Anschließend verteilte der Agitator, voller Liebe zu denjenigen an der Macht, Listen mit den 15, seiner Meinung nach, „richtigen“ Kandidaten. „Die Bedienungsanleitung von O.“ ist für offensichtlich dümmliche Menschen gedacht: er hat seine Kandidaten einfach in Spalten aufgeteilt, analog zur Aufteilung der Tasten der Wahlmaschine. Und kein einziger Anwesender hat Herrn O. so etwas gesagt, wie „Isaak, so verhält man sich nicht in der Öffentlichkeit“. Nicht nur war niemand wegen der Ratschläge, um die niemand gebeten hat, beleidigt, man hat auch brav nach der Bedienungsanleitung die von Isaak empfohlenen Tasten gedrückt. Auf dem Stimmzettel standen insgesamt 21 Kandidaten bei 15 Plätzen in den Vorstand. Wer sind eigentlich diejenigen, denen Herr O. das Recht, sich als den „richtigen“ Kandidat zu nennen, verwehrt hat? Es sind sechs, sozusagen, „Oppositionelle“, die die Handlungen des amtierenden Vorstands und der Vertretung kritisieren.

Wie sind wohl die Wahlen, deren Leitung Herr O. entschlossen übernommen hat, ausgegangen? Von den von ihm „vorgeschlagenen“ 15 Kandidaten wurden 14 gewählt! Und von den „bösen“ ist nur einer reingekommen, Genadi M.

Das zweite Dokument, bei dem Isaak O. noch vor der Wahl seine Finger eines sehr belesenen Menschen im Spiel hatte, war die „Botschaft an die Wähler“. Außer Isaak O. bestanden auf der Verantwortung zu wählen, Alexander I., Boris D., Efim S. und Ovsij L.. In diesem fast eine Zeitungsspalte langen Dokument wird Gleichgültigkeit als das größte Übel bezeichnet und alle Gemeindemitglieder zur Teilnahme an der Wahl aufgerufen, sowie dazu, ihre Wahl ernst zu nehmen. Doch die Mitglieder sind dem Aufruf nicht gefolgt. Von den 3955 Stimmberechtigten sind nur 1079 gekommen, und nur 1046, also gut ein Viertel hat tatsächlich seine Stimme abgegeben.

Es wird weiterhin gesagt, die fehlende Jugend beeinträchtige die Auswahl würdiger Kandidaten und dass die jetzige Führung geschlossener und effektiver als ihre Vorgänger gearbeitet habe. Kannst du noch dem Gedankengang folgen, lieber Leser? Solange es am Nachwuchs mangelt (was noch länger der Fall sein wird), muss man „à la O.“ diejenigen wählen, die schon Jahrzehnte lang in der Vertretung sitzen und in letzter Zeit geschlossener und erfolgreicher agieren als ihre Vorgänger.

Weiterhin werden, wie gewohnt, die Erfolge der Führung besungen und die Opposition heftig kritisiert. Dabei werden ähnliche Ausdrücke benutzt, wie das die Kandidaten des Blocks, Populismus betreiben, für ein Produkt der bei Weitem nicht besseren Qualität werben und dies auf primitivste, billigste und deswegen falsche Weise täten und dass alles für naive Menschen gedacht sei, die man leicht übers Ohr haut, usw.

Meiner Ansicht nach, zielt gerade diese „Botschaft“ auf die naiven Menschen ab, die man leicht übers Ohr haut. Wie dem auch sei, meine ich, dass die Unterzeichner in der emotionalen Verteidigung ihrer Ansichten sehr weit gegangen sind und würde diese „Botschaft“ fast als eine normale Kritik einordnen, aber…

Erstens: Am Ende der „Botschaft“ steht: „Wir, die Unterzeichner, sind keine Kandidaten und streben keine Macht an, jedoch sind wir seit vielen Jahre in unseren jeweiligen Bereichen ehrenamtlich tätig.“ In der Tat, streben die Leiter des Gemeindeclubs „Unser Haus“, Boris D. und Efim S., sowie der Mitarbeiter der Bibliothek, Isaak O., keine Macht an. Jedoch sind sie enge Vertraute der Machtträger, sind abhängig von ihnen und es ist in ihrem Interesse, den gegebenen Status quo zu erhalten. Was Herrn I. angeht, so war er, zum Zeitpunkt der Unterzeichnung Vorstandsmitglied und hat, laut dem Mitglied der Gemeinde Anatoli K., ein paar Wochen, nachdem dieser Brief geschrieben wurde, sein Amt aufgegeben. Sobald er der Gemeinde sein Teuerstes Stück gegeben hat, d. h. als seine Tochter in der Sozialabteilung der Gemeinde zu arbeiten angefangen hat, hat er sofort auf sein Amt verzichtet.

Zweitens: Die Wahlkommission, die davon erfahren hat, dass ein russischsprachiges Gemeindemitglied, Herr O., mit Erlaubnis des Vorstands der November-Ausgabe des Gemeindeblattes eine Beilage in russischer Sprache beifügen will, hat per Fax am 13. November 2006 vom Vorstand gefordert, diese Beilage aus dem Versand herauszunehmen. Dabei hat sich die Wahlkommission auf die Norm der Wahlordnung, die ein derartiges Vorgehen untersagt, berufen.

Man sagt, dass im Kölner Vorstand der Merksatz „Der Hund bellt und der Zug fährt weiter“ gilt. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass die Antwort des Vorstands gegenüber der Wahlkommission die Versendung dieser „Botschaft“ durch die Gemeindemitglieder zusammen mit der November-Ausgabe des Gemeindeblattes war. In seinem Brief an die Wahlkommission, nach der Versendung der „Botschaft“, hat der Vorstand beteuert, er befolge alles, was nur befolgt werden kann.

Und jetzt ist es dem Leser überlassen, darüber zu entscheiden, ob die drei Mitglieder des amtierenden Vorstands und gleichzeitig Kandidaten bei der Wahl 2006 die Publikation der Mitteilung, die ihre Konkurrenz verleumdet, aus der Gemeindekasse bezahlt haben. Haben sie die Verwaltungsressourcen zu ihren Gunsten benutzt?

Predigt über die Reinheit der Beziehungen

In derselben November-Ausgabe des Gemeindeblattes gab es einen Artikel „Was ist Hilul Haschem?“ vom Prof. Dr. Yizhak Ahren. Hilul Haschem ist die Profanierung des Namen G’ttes. Der Thorawochenabschnitt „Emor“ beinhaltet die Warnung: „dass sie sich enthalten von den heiligen Dingen der Söhne Israel, die sie mir heiligen, und meinen heiligen Namen nicht entweihen.“ (Vajikra, 22,2). Rabbiner Hirsch schreibt, dass dieser Aufruf sich v.a. an die Führung der Gemeinden und geistliche Lehrer richtet, also an alle geistlichen Bildungsträger, die gut mit der Thorah vertraut sind, an alle Talmidim Chachamim… Er fügt hinzu, dass nicht nur reale Ungerechtigkeit, Übel und Herzlosigkeit zu unseren Sünden werden können, sondern auch alles, was jenen Widerschein in den Augen anderer Menschen in sich trägt sei für uns Sünde. Die Nähe an der Sünde sei Sünde… wie könnten andere Manschen an dem Licht der Thorah teilhaben, wenn sie sähen, dass wir selber-als Träger des Geistes der Thorah- durch ihr Licht nicht erleuchtet und nicht gesegnet würden! (aus Chorev, 612).

Wie das Gebot Hilul Haschem vom Vorstand der Gemeinde, von einigen Mitgliedern ihrer Vertretung oder von den Vertrauten des Vorstands eingehalten wird, habe ich versucht ehrlich und unbefangen darzustellen. Das Urteil darüber gebe ich an den Leser ab.

Und was ist mit dem religiösen Führer der Gemeinde? Wo war einer der bekanntesten Rabbiner Deutschlands, Netanel Teitelbaum, zur Zeit des passionierten Wahlkampfes? Leider ist es mir nicht gelungen, jegliche Materialien, die auf die Position des Rabbiner bezüglich der Wahl hinweisen könnten, aufzutreiben. Und man kann auch niemanden fragen: Rabbiner Teitelbaum hat rasch von der Gemeinde gekündigt und den deutschen Boden kurz vor den Wahlen 2006, angeblich aus gesundheitlichen Gründen, verlassen. Doch ich habe das Gefühl, dass die Gesundheit des Rabbiners hierbei keine Rolle spielt und wir bald von noch einem Skandal in der Kölner Gemeinde hören werden.

Parade- und Nichtparadeimage

Wie ist denn heute die Situation in der Gemeinde, deren Image, laut ihrem Vorstand, sich nach dem Besuch des Papstes Benedikt XVI unermesslich verbessert hat? Am 22. Mai 2008 haben außerordentliche Wahlen zur Gemeindevertretung stattgefunden. Wenn jemand so naiv ist zu denken, die durch die letzten Wahlen in Misskredit Geratenen dieses Mal nicht teilnähmen, ist es ein Irrtum. Die Wahlen sind ähnlich wie die letzten verlaufen, genau wie in 2006 durch die Loyalität dem ständigen Vorstand gegenüber, gekennzeichnet. Dies war erst recht dadurch einfach, dass die Oppositionelle bei der letzten Wahl dieses Mal nicht kandidiert haben. Als Ergebnis sind die Vorstands- und die Vertretungsmitglieder dieselben geblieben, d.h. ihre Macht ist zu 100% abgesichert.

Worauf basiert denn meine Vorahnung eines Skandals? Auf Folgendem. Seit der letzten Wahl ist nicht einmal ein Monat vergangen und schon jetzt nimmt innerhalb der Vertretung eine Konfliktsituation ihre Gestalt an, bei der sich alles um die Frage der Gründe für die Entlassung des Rabbiners Teitelbaum dreht. Auf der einen Seite des Konflikts stehen die unveränderbaren Mitglieder des Vorstands, die hartnäckig die Wahrheit über die Entlassung des Rabbiners, und möglicherweise auch andere „Wahrheiten“, den Mitgliedern der Vertretung verheimlichen. Auf der anderen Seite des Konflikts steht der neue Mitglied der Vertretung Herr Miguel Freund. Beim Recherchieren über den Konflikt bin ich auf eine Art Onlinetagebuch von Herrn Freund gestoßen (http://web.mac.com/freundkoeln/ die Informationen auf der Seite sind nicht mehr verfügbar).

Der Jurist Freund schreibt darüber, dass die Gemeinde keine oligarchische Struktur darstellen soll, in der der Vorstand nicht die Regeln einhält, die für alle Mitglieder der Gemeinde aufgestellt wurden, sondern führt für sich selber und für seine Leute irgendwelche Sonderregelungen ein. Herr Freund findet, dass der Vorstand gelogen hat und weiterhin lügt, was die echten Gründe für die Entlassung des Rabbiners angeht, das die Mitglieder der Vertretung und die Mitglieder der Gemeinde das Recht haben, die Wahrheit über diese Geschichte zu erfahren, dass die Entlassung des Rabbiners von der Vertretung hätte sanktioniert werden müssen und dass der Vorstand dazu verpflichtet ist, diese Dokumente den Mitgliedern der Vertretung zu Verfügung zu stellen. Und am Rande, sagt Herr Freud, dass aufgrund dessen, dass die Wahlen am 22.05.2008 in Abwesenheit einiger Mitglieder der Wahlkommission stattgefunden haben und von der Öffentlichkeit ferngehalten wurden, er das Schieds- und Verwaltungsgericht des Zentralrat der Juden in Deutschaland darum bittet, die Legitimität der Wahlen zu überprüfen. Alles ist gesetzesmäßig. Das Image, das die Synagogen-Gemeinde Köln durch den Besuch des Pontifex Maximus vielleicht auch erlangt hat, ist nichts Anderes, als etwas Schönes und Dekoratives. Und durch die Bemühungen des Vorstands ist von einem Paradebeispiel weit und breit nichts mehr zu sehen.

Leib, „Evrejskaja gazeta / Jüdische Zeitung“ №7, 2008 г.