Dringende Einberufung einer Untersuchungskommission

An die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland K. d. ö. R.
Frau Charlotte Knobloch
und an die Ratsversammlung, das Direktorium und das Präsidium des
Zentralrats der Juden in Deutschland K. d. ö. R.

Leo-Baeck-Haus
Postfach 04 02 07
10061 Berlin

Dringende Einberufung einer Untersuchungskommission

Köln, den 07.08.2008

Sehr geehrte Frau Knobloch, sehr geehrte Damen und Herren,

im Folgenden wird ein Anliegen aufgegriffen, mit dem Sie bereits mehrfach konfrontiert worden sind, da wir uns wiederholt und leider ergebnislos (man hat uns nicht mal eine Antwort gewürdigt) an Sie – Frau Präsidentin , an den Zentralrat, an das Präsidium und den Generalsekretär gewandt haben.

Bitte unterschätzen Sie nicht das Potenzial in der Symbolik dieser Angelegenheit und ihre Relevanz für die Zukunft der Juden in Deutschland.

Mit diesem Schreiben wenden wir uns ganz entschieden gegen die Neuwahlen in die Gemeindevertretung der Synagogen-Gemeinde Köln (K.d.Ö.R.), welche am 22. Mai 2008 durchgeführt worden sind.

Die Durchführung der Wahlen ist aufgrund des Entscheids vom 21.01.2008 des Schieds- und Verwaltungsgerichts des Zentralrates der Juden in Deutschland erfolgt.

Paradoxerweise erreichte uns – die Antragsteller, deren Wahlwiderspruch verhandelt worden war – die schriftliche Urteilsverkündung erst am 20. Mai 2008 – und dies auch nur nach zahlreichen Protesten gegen die verzögerte Zustellung des Urteils.

Und so konnten die Wahlen vom Mai, welche als Neuwahl vom 10. Dezember 2006 vom Schiedsgericht angeordnet worden waren, nicht  wirklich unter neuen Voraussetzungen stattfinden.

Vielmehr blieben die Gründe der Annullierung und erneuten Durchführung den Wählern verborgen. So wurde den Mitgliedern des Gemeindevorstandes erneut gestattet, über die Gemeindezeitung ungehindert den Wahlhergang zu kommentieren und ihre falsche Version über die Gründe der Neuwahl zu verbreiten.

Das Schiedsgericht hat die wiederholten Forderungen der Kläger nach einer schriftlichen Urteilsbegründung ignoriert. Die Wähler hatten damit keine Gelegenheit sich rechtzeitig vor der Neuwahl ein Bild zu machen, vor allem über die unerlaubte Vorgehensweise des Vorstands und seines Geschäftsführers, deren Einfluss auf die Wahlkommission und auf die falsche Berichterstattung der Gemeindezeitung zur Annullierung der Wahl 2006 geführt hat, konnte der Wähler nicht aufgeklärt werden.

Durch seine schleppende Arbeitsweise, aber auch durch sein inkonsequentes Handeln hat das Schieds- und Verwaltungsgericht des Zentralrates der Juden in Deutschland gezeigt, wessen Interessen es vertritt: Es sind die Interessen der Personen, welche die Gründe unserer gerichtlichen Anträge nicht öffentlich machen wollen und die maßgeblich daran beteiligt waren, dass die Überstellung des Urteils an die Kläger erst einen Tag vor den Neuwahlen erfolgt ist. Nur so konnte das eigene politische Überleben gesichert werden.

Darüber hinaus hat sich das Schiedsgericht durch seine Anwesenheit auf der für die Wahlen im Mai entscheidenden Gemeindeversammlung in den Dienst nehmen lassen – eine andere Interpretation scheint unzulässig.

Wie sonst ist es möglich, dass der vorsitzende Richter des Schiedsgerichts auf  Einladung des Vorstands auf der Gemeindeversammlung erscheint, für die so genannten Gegner des Vorstands unangekündigt, um Erklärungen abzugeben  zu einem Zeitpunkt, an dem den  Klägern immer noch kein schriftliches Urteil vorliegt!

Gehört dies zu den Aufgaben eines Richters? Oder ist dies nicht vielmehr ein klares Bekenntnis, dass man den „Schaden“ gering halten will – auch um den Preis der Parteinahme?

„Wo kein Kläger – da kein Richter“ – genau dieser Satz beschreibt die Situation in vielen jüdischen Gemeinden, in unserem Fall in der undemokratisch und autokratisch geführten Synagogen-Gemeinde Köln.

Die Vermutung liegt nahe, dass trotz der erheblichen finanziellen Unterstützung durch das Land und den Staat leider nicht kritisch geprüft wird, ob die der jüdischen Gemeinschaft zufließenden Mittel unter Beachtung der demokratischen Grundwerte der Gesellschaft verwendet werden.

Auf Kosten der Steuerzahler und im Gewand einer K.d.ö.R. wird u. E. gelogen und betrogen, um sich dann wiederum auf Kosten des Steuerzahlers und im Schutze des Grundgesetzes sich jeder Verantwortung zu entziehen.

Die Mitteilung, dass der Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln u. E. dringend unter den Verdacht des Amtsmissbrauchs zu stellen ist, ging ins Leere. Das Gericht hat diesbezüglich nichts unternommen, es hat nicht zur Entschärfung der Lage in unseren Gemeinde beigetragen.

Und das, obwohl die drei sich schuldig gemachten Herren im Vorstand in schriftlicher und mündlicher Form eine Argumentation vorgebracht haben, die sich im Wesentlichen auf Unwissenheit beruft.

Diese drei Herren des Vorstands der Synagogen-Gemeinde Köln haben sich mehrfach schriftlich und mündlich dem Schiedsgericht gegenüber auf ihre Unkenntnis der Sachlage berufen: Sie wussten z.B. angeblich nicht, dass die Wahlkommission die einseitige Wahlwerbung im Gemeindeblatt untersagt hat.

Die dem Schiedsgericht vorgelegten Briefe, welche die unwahren Behauptungen des Vorstands eindeutig widerlegen, haben nicht etwa zur Verurteilung ihres Verhaltens geführt.

Die Herren Graetz, Lehrer und Rado sind – obwohl damit u. E. des Lügens gegenüber dem Schiedsgericht überführt und diesbezüglich persönlich verantwortlich – damit „belohnt“ worden, dass dieser Klagegrund einfach fallengelassen worden ist, wohlgemerkt durch das Schiedsgericht und den Anwalt der Kläger, der inzwischen für die Synagogen-Gemeinde arbeitet.

Ein weiteres Indiz für das parteiische Handeln des Schiedsgerichts ist der Umstand, dass dieses – wohl aus Gründen der Schonung prominenter Personen des jüdischen Lebens in der Öffentlichkeit – keinen zur Verantwortung zieht, und so niemand persönlich für den entstandenen Schaden haften muss.

Es ist dem Schiedsgericht eindeutig belegt worden, dass es zu vorsätzlicher, kalkulierter und unerlaubter Beeinflussung der Wahlkommission und somit zum Nachteil der Gemeinde durch die drei Herren Rado, Graetz und Lehrer sowie ihres Geschäftsführers B. Wieber gekommen ist. Entsprechend sollte das Handeln der genannten Personen persönliche Konsequenzen zur Folge haben.

Insbesondere angesichts des evtl. Tatbestands der Untreue und des Amtsmissbrauchs war es von großem Interesse für alle steuerzahlenden Juden und Nicht-Juden gleichermaßen, dass das Schiedsgericht zur Klärung und Ausräumung aller Zweifel hinsichtlich der Verantwortung für die Kosten der zahlreichen Gutachten, anwaltlichen Beratungen und nicht zuletzt Neuwahlen beiträgt, welche die drei Herren, die zurzeit weiterhin den Vorstand bilden, verursacht haben.

Dabei blieb unbeantwortet, inwieweit zu Lasten der Mitglieder der Synagogen-Gemeinde Köln sich hier drei Kandidaten entschieden haben mit unlauteren Methoden die Gültigkeit der Wahl 2006 zu gefährden, um diese anschließend mit Mitteln der Gemeindekasse zu verteidigen bzw. zu rechtfertigen.

Heute, nachdem das von Ihnen installierte Schieds- und Verwaltungsgericht gescheitert ist, den an ihn gestellten Anspruch zu erfüllen und  sich als nicht brauchbares Instrument der Rechtsfindung der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland erwiesen hat, muss man sich nicht nur die Frage der Zweckmäßigkeit des Gerichts, sondern die Legitimation der Existenzberechtigung des Zentralrates der Juden in Deutschland insgesamt stellen.  Eine Tatsache, die gerade im Hinblick auf den Anspruch, die oberste und alleinige Verwaltungsinstitution für alle jüdischen Fragen in Deutschland zu sein, nicht hingenommen werden kann.

Die Mitglieder der Synagogen-Gemeinde Köln haben das Recht, die wahren Gründe, die zur Annullierung der Wahlen geführt haben, zu erfahren.

Auch müssen die verantwortlichen Personen, die das Amt zum Nachteil der Gemeinde missbraucht haben, die Konsequenzen dafür tragen.

Welche Konsequenzen haben die für die Neuwahlen verantwortlichen Personen bis jetzt getragen? – Keine!

  • Wer hat die Kosten für die Neuwahlen getragen? Die Mitglieder der Gemeinde, welche die Kirchensteuer zahlen, und die deutschen Steuerzahler, die sich mit der Abgabe Ihrer Einkommensteuer die Synagogen-Gemeinde Köln mit ca. jährlich 1.750.000 € und den Zentralrat der Juden in Deutschland mit ca. 3.000.000 € unterstützen.
  • Wer die Existenz jüdischer Gemeinden finanziell unterstützt, hat das Recht und Pflicht zu erfahren, wie diese Mittel verwendet werden. Mit Sicherheit ist es nicht im Interesse der Allgemeinheit, dass diese Mittel missbraucht werden, um undemokratische und mit dem Grundgesetz unvereinbare Wahlen durchzusetzen.
  • Wir fordern Sie auf, unverzüglich eine unabhängige Untersuchungskommission einzuberufen, den derzeit tätigen Vorstand von seinen Aufgaben zu entbinden und die Gemeinde unter die Verwaltung des Zentralrates zu stellen.
  • Des Weiteren fordern wir Sie auf, die Beschlüsse des Schieds- und Verwaltungsgericht des Zentralrates der Juden in Deutschland vom 21.01.2008 für ungültig zu erklären und eine Neuwahl durchzuführen.
  • Versäumt der Zentralrat es, unseren Forderungen nachzukommen, so werden wir uns mit der Bitte um Unterstützung an die Gemeinschaft der Steuerzahler wenden und den Zentralrat der Juden in Deutschland öffentlich auffordern, sich sofort aufzulösen.
  • Gleichfalls würden wir uns in diesem Fall gezwungen sehen, rechtliche Schritte einzuleiten.

Für die Einberufung der Untersuchungskommission haben wir uns als Frist den 22.08.2008 vorgemerkt.

Wir setzen alles daran um folgendes deutlich zu machen:

Moralische Verantwortung für die Zukunft des Jüdischen Lebens kann nicht durch einen Millionen schweren Staatsvertrag ersetzt werden.

Die staatliche Unterstützung der jüdischen Gemeinden ohne Überprüfung auf Zweckmäßigkeit führt lediglich dazu das angebliche „Ehrenamtler“ alles dran setzen deren Positionen Geldes- und Machtwegen zu sichern und es erwirkt genau das Gegenteil von erwünschten und zwar statt Auflebung führt es langfristig zur Vernichtung des jüdischen Lebens in Deutschland.

Mit freundlichen Grüßen

 

Kopie an:

  • Ministerpräsident des Landes NRW Herr Dr. Jürgen Rüttgers
  • Stellvertretende Ministerpräsident des Landes NRW Herr Prof. Dr. Andreas Pinkwart
  • Innenminister des Landes NRW Herr Dr. Ingo Wolf
  • Finanzminister des Landes NRW Herr Dr. Helmut Linssen
  • Chefredaktion der Jüdischen Zeitung Herr Michael Goldberg
  • Chefredaktion der Jüdischen Allgemeine Zeitung Herr Dr. Christian Böhme

 

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