In diesem Schreiben versuche ich die Frage zu beantworten, die mir neulich gestellt wurde: „Sind alle Mitglieder des Wahlausschusses verpflichtet, eine Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen?“
(Diese Version des Beitrags (vom 04.07.2024) unterscheidet sich von der ursprünglichen Version (vom 23.06.2024). Sie wurde nach mehreren Gesprächen mit den Datenschutzbeauftragten angepasst.)
Was sagt die Satzung?
Wenn man die Satzung der Synagogen-Gemeinde Köln befolgt, ergibt sich keinerlei Verpflichtung für die Mitglieder der Wahlkommission, eine Verschwiegenheitsverpflichtung (Verschwiegenheitserklärung) in jeglicher Form zu unterschreiben. Bisher war es aber nie ein Problem, eine Geheimhaltungsverpflichtung zu unterschreiben.
Laut Satzung sind ausschließlich die Mitglieder der Gemeindevertretung (inkl. Vorstand) zur Verschwiegenheit verpflichtet:
§ 19 Verschwiegenheitspflicht
Die Mitglieder der Gemeindevertretung haben, auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit, über die ihnen bekanntgewordenen Angelegenheiten, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich, besonders vorgeschrieben oder beschlossen ist, Verschwiegenheit zu wahren.
Was gegen die Unterzeichnung der Verschwiegenheitspflicht spricht?
- Es gibt keinen rechtlichen Grund, eine Verschwiegenheitserklärung gemäß der DSGVO nicht zu unterzeichnen.
Was für die Unterzeichnung der Verschwiegenheitspflicht spricht?
Die meisten Mitglieder des Wahlausschusses haben aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit keine Berührungspunkte mit personenbezogenen Daten und müssen sinngemäß drauf hingewiesen werden.
- Derzeit geltendes europäisches (General Data Protection Regulation) und deutsches Recht namens Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).
- Eine formale Verschwiegenheitspflicht im Sinne der DSGVO ist nicht sinnvoll, sondern dient der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen.
- Im Jahr 2024 kann es keine formelle Verpflichtung zur Verschwiegenheit mehr geben, die den Umgang mit sensiblen Informationen erklärt.
- Vor dem Inkrafttreten der DSGVO (18.05.2018) konnte die Notwendigkeit einer Verschwiegenheitserklärung nicht allein mit Gewohnheitsrecht begründet werden. Gewohnheitsrecht ist eine langjährige Praxis, die rechtlich verbindlich sein kann.
- Da der Wahlausschuss offensichtlich personenbezogene Daten (z.B. eine erweiterte Meldebescheinigung) erhebt, haben alle betroffenen Personen das Recht, Auskunft über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu verlangen. Dies ist in Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung festgelegt.
- Wenn sich z.B. ein Mitglied des Wahlausschusses weigert, eine DSGVO-konforme Vertraulichkeitserklärung zu unterzeichnen, sollte es keine personenbezogenen Daten verarbeiten oder damit in Berührung kommen. Andernfalls ist mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen.
Rechte und Pflichten aus der DSGVO
- Da der Wahlausschuss offensichtlich personenbezogene Daten (z.B. eine erweiterte Meldebescheinigung) erhebt, haben alle betroffenen Personen das Recht, Auskunft über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu verlangen. Dies ist in Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung festgelegt.
- Wenn sich z.B. ein Mitglied des Wahlausschusses weigert, eine DSGVO-konforme Vertraulichkeitserklärung zu unterzeichnen, sollte es keine personenbezogenen Daten verarbeiten oder damit in Berührung kommen. Andernfalls ist mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen.
- Verstöße gegen die DSGVO können mit hohen Bußgeldern belegt werden.
- Unten finden Sie eine Vorlage zur Auskunftsanfrage.
- Die zuständigen Datenschutzbehörden sind unten aufgelistet.
Fazit
Die Satzung der Gemeinde ist ohnehin keine optimale Grundlage, um ein faires Wahlverfahren zu gewährleisten. Dies ist wohl seit Jahren so gewollt, weshalb auch Vorschläge zur Satzungsänderung ignoriert werden (siehe Links unten).
Sogar die aktuelle Wahlkommission besteht aus 16 Personen, so dass die Satzungsregelung „Nicht unmittelbar gewählte Bewerberinnen oder Bewerber rücken entsprechend ihrer Stimmenzahl nach“ nie erfüllt werden kann. Die Mitglieder der Wahlkommission können nie „en bloc“ gewählt werden. Beim nächsten Mal könnte man die Zahl der Mitglieder des Wahlausschusses ad absurdum erhöhen. 30 bis 40 Personen wären sicher ein Spaß.
Die traurige Wahrheit ist, dass eine klare und eindeutige Satzung, die faire Wahlen und Chancengleichheit garantiert, in einer jüdischen Gemeinde ein Traum zu sein scheint.
Für mich gibt es keinen plausiblen Grund, die Verschwiegenheitserklärung nicht zu unterschreiben. Sie ist lediglich eine Bestätigung dafür, dass die Mitglieder der Wahlkommission über die rechtlichen Rahmenbedingungen informiert sind. Die interne Arbeit der Wahlkommission war (leider) nie ein Geheimnis für die Gemeindemitglieder, insbesondere nicht für die Kandidaten. Wichtig ist nur, dass die Mitglieder der Wahlkommission ihre Arbeit gewissenhaft ausüben.
Ich hoffe, dass meine Antwort etwas Klarheit bringt.
Muster Verschwiegenheitserklärung
So könnte eine Verschwiegenheitserklärung für die Mitglieder des Wahlausschusses aussehen, die vor Beginn der Wahlhandlung zu unterzeichnen wäre:
Verschwiegenheitserklärung für Mitglieder des Wahlausschusses der Synagogen-Gemeinde Köln
Ich, [Vorname, Name], Mitglied des Wahlausschusses der Synagogen-Gemeinde Köln, verpflichte mich hiermit, alle mir im Rahmen meiner Tätigkeit bekannt gewordenen vertraulichen Informationen und personenbezogenen Daten strikt vertraulich zu behandeln und diese nicht unbefugt an Dritte weiterzugeben.
Definition personenbezogener Daten
Personenbezogene Daten sind alle Informationen, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person beziehen, wie Name, Adresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Geburtsdatum, Religion und andere relevante Informationen.
Definition vertraulicher Informationen
Vertrauliche Informationen umfassen alle Daten und Mitteilungen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind und deren Offenlegung die betroffene Person oder Organisation schädigen oder benachteiligen könnte. Dazu gehören zum Beispiel personenbezogene Daten, Finanzinformationen, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Gesundheitsdaten oder Vertragsinhalte.
Umgang mit vertraulichen Informationen
Ich werde alle mir anvertrauten vertraulichen Informationen nur zur Erfüllung meiner Aufgaben im Wahlausschuss und unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere der DSGVO, verwenden.
Dauer der Verschwiegenheit
Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit gilt über die Dauer meiner Tätigkeit im Wahlausschuss hinaus und bleibt auch nach meinem Ausscheiden aus dem Wahlausschuss bestehen.
Sanktionen bei Verstoß
Ich bin mir bewusst, dass ein Verstoß gegen diese Verschwiegenheitserklärung zu rechtlichen Konsequenzen führen kann, einschließlich zivil- und strafrechtlicher Maßnahmen.
Köln, xx.xx.20xx [Unterschrift des Mitglieds]
Mit meiner Unterschrift bestätige ich, dass ich den Inhalt dieser Verschwiegenheitserklärung verstanden habe und mich zur Einhaltung aller oben genannten Verpflichtungen verpflichte.
Muster Auskunftsanfrage
Falls Sie erfahren möchten, wer wie und welche personenbezogenen Daten von Ihnen verarbeitet, können Sie diese Mustervorlage dafür verwenden. Im Abschnitt „Nützliche Links“ finden Sie zwei weitere Vorlagen.
Vorname Nachname
Musterstr. 100
50000, Köln
Datum
Wahlausschuss der Synagogen-Gemeinde Köln
Ottostraße 85
50823, Köln
Betreff: Auskunftsersuchen nach Art. 15 DSGVO
Sehr geehrte Damen und Herren,
mache ich von meinem Auskunftsrecht nach Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Gebrauch und bitte um umfassende Auskunft über die Verarbeitung meiner personenbezogenen Daten.
Bitte teilen Sie mir mit:
- ob und welche personenbezogenen Daten über mich verarbeitet werden?
- zu welchem Zweck die Daten verarbeitet werden?
- welche Kategorien von personenbezogenen Daten verarbeitet werden?
- an welche Empfänger oder Kategorien von Empfängern meine Daten weitergegeben wurden oder werden?
- wie lange werden meine personenbezogenen Daten aufbewahrt? Nach welchen Kriterien wird diese Dauer bestimmt?
- wurde bereits eine Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde eingereicht?
Ich bitte um eine schriftliche Antwort innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat. Sollten Sie meiner Anfrage nicht fristgerecht nachkommen, behalte ich mir vor, eine Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzbehörde einzureichen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen,
Vorname Nachname
Zuständige Datenschutzbehörden
- Auf Bundesebene ist der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit für die Einhaltung der DSGVO zuständig (Hr. Prof. Ulrich Kelber) – www.bfdi.bund.de
- Auf Landesebene die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Nordrhein-Westfalen (Fr. Bettina Gayk) – www.ldi.nrw.de
- Datenschutzbeauftragter der Synagogen-Gemeinde Köln ist Rechtsanwalt Michael K. Arnon – www.arnon.de
Nützliche Links
- Wahlordnung der Synagogen-Gemeinde Köln
- Kann die Synagogen-Gemeinde Köln wirklich demokratisch wählen?
- Mythen und Wahrheiten: Was Sie über die Wahlkommission wissen sollten
- Satzungsänderungen für eine faire Wahl
- Vorschlag – Notwendige Satzungsänderungen für die faire Wahlen
- Landesdatenschutzbeauftragte Nordrhein-Westfalen
- Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI)
- Musterschreiben: Auskunftsersuchen nach Artikel 15 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung
- Musterschreiben: Auskunft nach Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung