Hier finden Sie den Leserbrief zum Beitrag „Der Fisch stinkt vom Kopf“ von einem sehr engagierten Mitglied der Synagogen-Gemeinde Köln. Meine persönlichen Kommentare sind blau/kursiv markiert.
Lieber Herr Кгеуman,
Sie schreiben, dass Sie offen für konstruktive Kritik sind. Dann versuchen wir es doch mal.
Zunächst mit ein paar Fragen, die hoffentlich zur Reflexion verhelfen:
- Wie viel Zeit haben Sie in diesen Artikel investiert?
- Ist diese Zeit sinnvoll genutzt? Im Zweifel sogar sinnvoll für die Kölner Gemeinde genutzt?
- Warum schreiben Sie über andere Menschen, anstatt mit Ihnen in einen Dialog zu treten? Glauben Sie, dass Missstände, die Ihrer Meinung nach bestehen auf diese Art und Weise behoben werden?
- Wie viele Artikel haben Sie bereits geschrieben? Wird es nicht Zeit für einen Strategiewechsel?
Nun ein wenig zum Persönlichen:
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wie man so ignorant sein kann um andere Menschen, Glaubensbrüder, Mitglieder derselben Gemeinde dermaßen durch den Dreck ziehen kann. In diesem Fall Ebi Lehrer in besonderem Maße.
Eine recht ungewöhnliche Verwendung des Wortes „ignorant“. Möglicherweise verstehe ich das Wort falsch, aber ich bin davon ausgegangen, dass „ignorant“ diejenigen sind, denen völlig gleichgültig ist, wie die Synagogen-Gemeinde sich entwickeln wird.
Es scheint, dass für den Verfasser des Briefes jegliche Kritik an jüdischen Funktionären völlig inakzeptabel ist. Und wenn Missstände vom Vorstand kommen, müssen sie ignoriert werden…
Wenn es Ihnen um die Sache geht, dann kommen Sie (in einer Corona-freien Zeit) zu einem Meet-the-Vorstand, bitten Sie um einen persönlichen Termin, schreiben Sie eine Mail, rufen Sie an…kurzum treten Sie in Kontakt und seien Sie konstruktiv. Aktuell ist es leider das absolute Gegenteil.
Der Autor will leider nicht wahrnehmen, oder hat nicht bemerkt, dass neben meiner allgemeinen, faktenbasierten Kritik an der Situation, zusätzlich im Fazit des Artikels bereits eine detaillierte Beschreibung der notwendigen Maßnahmen erfolgt. Alles, was ich anstrebe, ist die korrekte und demokratische Durchführung der Wahlen. Dafür muss man keinen formellen Termin mit dem Vorstand vereinbaren. Meine Beweggründe sind klar und mit dem bloßen Auge deutlich zu erkennen.
Falls Sie persönliche Probleme mit Ebi haben oder den anderen Personen, die Sie im Laufe der Zeit auf Ihrer Seite kritisiert haben, dann können wir Ihren Artikel ganz schnell abhaken und einsortieren.
In dieser Situation ist der geschätzte Autor nicht in der Lage oder nicht willens zu verstehen, dass es nicht um Abraham Lehrer persönlich geht, anstelle von Abraham Lehrer könnte es jeder andere Person sein. In meinem Artikel geht es vor allem darum, wie „koscher“ die Kandidaten an die Macht kommen. Wer durch eine unfaire, manipulative Wahl in den Gemeinderat gewählt wird, ist nicht legitimiert und infolgedessen kein moralisches Recht hat, die jüdische Bevölkerung auf staatlicher oder kommunaler Ebene zu vertreten.
Wenn nicht, dann wird es spannend. Steht es Ihnen sonst zu, darüber zu urteilen wie „erfolgreich“ eine (nicht Ihre) Firma gelaufen ist? Ist es wirklich in Ordnung solche Dinge im Netz zu veröffentlichen? Sicherlich ist es nicht verboten, aber ist das „jüdisch“? Laut Ihrer Seite wollen Sie ja so denken.
Jeder, der eine öffentliche Position anstrebt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass jede seiner Aktivitäten von Interesse sein kann, sowohl das Privatleben als auch berufliche Erfolge-Misserfolge. Abraham Lehrer ist eine Person des öffentlichen Lebens, die gleichzeitig drei Organisationen nach Außen vertritt:
- Präsident der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland
- Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland
- Vorstandsmitglied der Kölner Synagogen-Gemeinde
Selbstverständlich beinhaltet jede journalistische Tätigkeit die Recherche mit Google. So kommt man schnell auf die Seite www.bundesanzeiger.de, um die berufliche Erfolge zu bewerten. Ich betreibe kein investigativer Journalismus und nutze nur die Informationen, die auf der Oberfläche liegen. Für meine Recherchen ist ausschließlich die professionale Tätigkeit von beschriebenen Personen von Interesse. Das Privatleben von denen interessiert mich nicht im Geringsten.
Zum Inhaltlichen:
Hat der Vorstand (der letzte oder der vorletzte, …) immer alles richtig gemacht? Bestimmt nicht. War ich im Rahmen der letzten Legislaturperiode mit allem einverstanden? Nein, war ich nicht, ABER was völlig unstrittig ist, ist das diese Menschen sehr viel von Ihrer Zeit aufwenden zum Wohle der Kölner Gemeinde. Und genau diesen Respekt vermisse ich in Ihren Artikeln. Respekt vor der Zeit, Mühe und Energie die aufgebracht wurde, insbesondere von Ebi Lehrer. An dieser Stelle spreche ich nicht vom Zentralrat und der ZWST, ich spreche von der SGK.
Überraschende Logik… Wenn jemand seine persönliche Zeit für gemeinnützige Arbeit einbringt, dann verdient man auf jeden Fall Respekt? Möglicherweise zwingt jemand die Vorstandsmitglieder, im Vorstand zu sein? Lasst uns nicht lügen, der Platz im Vorstand ist nicht nur begehrt, sondern wird hart umkämpft. All diese Manipulationen, nur Menschen ehrenamtlich zu helfen – das ist surreal.
Alleine dafür muss man viel Kraft und auch Nerven aufwenden, um solche Artikel wie die Ihren zu lesen.
An dieser Stelle möchte ich mich dem Autor dafür bedanken, dass er die Kraft gefunden hat, nicht nur bis zum Ende zu lesen, sondern auch einen recht umfangreichen Kommentar zu schreiben. Jeder hat das Recht zu lesen, was er will. Man kann nicht ausschließlich von Informationen aus dem Gemeindeblatt oder der Jüdische-Allgemeine leben. Die illusorische Welt einer glücklichen jüdischen Gemeinschaft existiert ausschließlich auf den Seiten der jüdischen Presse in Deutschaland oder in der Vorstellung einiger Mitglieder der jüdischen Gemeinden.
Was Sie, glaube ich, nicht verstanden haben oder nicht verstehen wollen ist der Dualismus in dem sich die Gemeinde befindet. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist eine jüdische Gemeinde a priori sehr formal und sehr bürokratisch aufgestellt. Gleichzeitig ist die Gemeinde aber ein „kleiner Club“ (nein, an dieser Stelle möchte ich nicht die alte Debatte anstoßen, ob wir ein Kultur-Club oder eine wirkliche orthodoxe Gemeinde sind). Ich möchte darauf hinweisen, dass 4000-4500 Mitglieder gar nicht so viele sind und vieles eben nur über Ehrenamt und persönlichem Engagement funktioniert.
In diesem Absatz versteht jemand wirklich etwas nicht. Körperschaft des öffentlichen Rechts ist der rechtliche Status, der eine Gemeinde in einen Staat im Staat verwandelt, unkontrollierbar und nicht rechenschaftspflichtig gegenüber all denen, die ihn finanzieren. Formalität und Bürokratie werden von Menschen geschaffen und sind kein Produkt des rechtlichen Status.
Der Hinweis des Autors auf die Anzahl der Gemeindemitglieder verschlimmert die Situation nur. Lassen Sie uns einige statistische Daten anführen:
- Konstituierende Sitzung 2020 – zirka 16 Personen, darunter mehrere Mitarbeiter
- Wahlbeteiligung im Jahr 2020 – nur 12,74% (446) der Wahlberechtigten gingen zur Wahl 2020.
- Nominierungsversammlung am 16.02.2020 – zirka 40 Personen, einschließlich Kandidaten und deren Unterstützung
- Wahlen 2017 – nur 20,12 % (731) der Wahlberechtigten gingen zu den Wahlen
- Konstituierende Sitzung 2017 – zirka 25 Personen, darunter mehrere Mitarbeiter
- und wie viele Gemeindemitglieder kommen am Schabbat zum Gebet? 20-30?
Wie viele Mitarbeiter werden daher benötigt, um eine so aktive Gemeinde zu bedienen?
Nach den obigen Zahlen zu urteilen, ist die Gemeinde für ihre Mitglieder von großem Interesse, nicht wahr? Überraschenderweise konnte die Gemeinde praktisch gleichzeitig ohne einen Rabbiner, einen Kantor und einen Geschäftsführer existieren.
Wenn also viel Zeit und Mühe aufgewendet wird um die hohen Feiertage in irgendeiner Form stattfinden zu lassen, dann ist es möglicherweise strittig, ob es „korrekt“ ist im Sinne einer großen, formalen Organisation, Essensbeutel mit den Namen des Vorstandes zu verteilen. Aber menschlich ist es das nicht. Schließlich hat der Vorstand sich Gedanken gemacht, ob die hohen Feiertage in der Roonstr. begangen werden können, ob man zusätzliche Räume anmietet, sie haben für den Aufbau der Trennwände gesorgt, sich mit dem Rabbinat bzgl. des Kashruts des gesamten Gottesdienstes ausgetauscht und haben das Gequengel der Repräsentanz ertragen.
Wenn ich solche Sätze lese, habe ich das Gefühl, in der Kindheit zu sein, in der Sowjetunion, und die Kommunistische Partei kümmert sich unermüdlich um mich. Warum sollte man über den Aufbau der Trennwände erzählen, wäre vielleicht die Acrylglas-Installation das absolute Knowhow in Deutschland?
Wurden nicht alle realen Errungenschaften der Gemeinde vor dem jetzigen Vorstand geschaffen? Der Staatsvertrag wurde zum Beispiel von Herren Miguel Freund, Herzs Krymalowski und Ilan Simon ausgehandelt. Der Initiator des Baus des jüdischen Wohlfahrtszentrums an der Ottostraße wird ganz offiziell Hr. Krymalowski genannt (Kölner Stadt-Anzeiger). Auch der Bau des Wohlfahrtszentrums wurde nicht vor jetzigen Vorstand weitergeführt, sondern von Herren Alter, Perelman und Zolotarev. Die Grundschule der Gemeinde wurde meines Wissens nach auch nicht vom Vorstand unterstützt.
Kann man deshalb verstehen warum nicht Аnаtоli Кrеуmаn auf dem Beutel steht? Ich versehe es.
Ich habe den Essensbeutel nicht aus eigener Tasche bezahlt, und natürlich kann mein Name nicht auf die Verpackung gedruckt werden, ebenso wie die Namen der vier Vorstandsmitglieder und der Vorsitzende der Gemeindevertretung, die ihn ebenfalls nicht aus eigener Tasche bezahlt haben. Ich respektiere auch die Heiligkeit von Jom Kippur und hätte nicht einmal an eine solche blasphemische Idee gedacht. Diese Werbeaktion, die am allerwichtigsten Tag des jüdischen Kalenders stattfand, wurde aus der Tasche der deutschen Steuerzahler bezahlt.
Mögliche Konsequenzen:
Jetzt gibt es aus meiner Sicht mind. zwei Wege. Im ersten Fall, müsste die Wahlordnung und die Satzung überarbeitet und spezifiziert werden. Prozesse, die alles andere als Schlank sind müssten aufgesetzt werden und am Ende ist es klar geregelt, welche Art von Werbung erlaubt und welche verboten ist – für den Vorstand, für die Gemeindevertretung, für weitere Kandidaten, für die Wahlkommission, etc. oder man akzeptiert, dass man an der einen oder anderen Stelle, dass es aus einem formalen Aspekt evtl. strittig ist, aber aus einem menschlichen wahrscheinlich völlig legitim ist.
Nach dem Lesen dieses Absatzes hat man das Gefühl, dass der Autor des Briefes völlig davon überzeugt ist, dass es möglich wäre, ein wenig schwanger zu sein. Man kann nicht gleichzeitig argumentieren, dass es eine Regelung der Wahlordnung geben kann und im gleichen Satz das Gegenteil behaupten.
Wenn wir uns also darüber unterhalten wollen, wie Prozesse verschlanken, Zugriffe erleichtern und die Barriere möglichst gering ist mit der Gemeinde in Kontakt zu treten – sehr gerne. Das wäre konstruktiv vielleicht auch kreativ und würde Jüdinnen und Juden nützen. Ihre Seite nutzt glaube ich keinem, sorry.
Trotz der Tatsache, dass mein Artikel die Ursache des Problems ausführlich beschreibt und Wege zur Lösung aufzeigt, ist die Leidenschaft lieber zu reden als zu arbeiten, nicht nur in der jüdischen Gemeinschaft seit langem ein Problem geworden. So kommt unnötige Bürokratie zustande.
Für diejenigen, die gerne diskutieren, schlage ich vor, einen Runden Tisch zu organisieren und in einer allgemeinen, offenen Diskussion Wege zur Lösung des Problems zu erörtern. In diesem Fall sollte die gesamte Diskussion auf Video aufgezeichnet und den Gemeinde-Mitgliedern, sowie der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.
Wenn die offiziellen Vertreter der jüdischen Gemeinden ein wenig die Rechtsstaatlichkeit respektieren würden, würde es Jüdinnen und Juden von Nutzen sein.
So viele Worte… und alles nur wegen einer nutzlosen Seite.
Möge Chanukah Licht in so manches Dunkel bringen.
Die Wahrheit liegt immer im Auge des Betrachters
Wenn man versuchen würde, diesen Brief in wenigen Worten zusammenzufassen, dann würde es so klingen: Respektlosigkeit gegenüber Ebi Lehrer persönlich, Respektlosigkeit gegenüber dem Vorstand und seinen Verdiensten, Probleme mögen existieren, aber wenn sie nicht angegangen werden, wird es „aus einem menschlichen wahrscheinlich völlig legitim ist“.
Haben Sie das Gefühl, dass vielen Mitgliedern jüdischer Gemeinden kritisches Denken fehlt, oder dass es aufgrund von „harter Arbeit zum Wohl des Judentums“ verschwindet?
Stellen Sie sich nur eine Frage: Wie sähe unsere Welt aus, wenn kritisches Denken in ihr völlig fehlen würde?
Entgegen allen Klischees, dass Juden klug sind, verstehen manche Juden die Existenz von Ursache- und Wirkung-Prinzip gar nicht. In meinem Artikel geht es um das anhaltende Problem der Wahlmanipulation, dass seit 2003 nichts getan wurde, um das Problem zu beheben. Es ist wirklich traurig, dass viele Leute die Zusammenhänge nicht verstehen, oder nicht verstehen wollen.
Ich habe praktisch alle jüdischen Organisationen und Gemeinden sowie die jüdische Presse in Deutschland über die Existenz dieser Website informiert. Was meinen Sie, wie die Reaktion war? Von keinem bis zu einem ständigen Aufruf, nicht „schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit zu waschen?“ Es scheint, dass in den jüdischen Gemeinden in Deutschland immer derjenige schuld ist, der über das Problem spricht, und nicht derjenige, der es verursacht.
Ein einfaches Beispiel: Sollten Sie auf häusliche Gewalt reagieren? Ich bin mir sicher, ja! Vielleicht ist es die offene Diskussion des Problems, die das Leben und die Gesundheit retten kann. Ist Schweigen über ein Verbrechen aus rechtlicher Sicht nicht ein Verbrechen?
Rabbiner Kölner Gemeinde Yechiel Brukner sagt in einer Predigt folgendes (wortwörtlich): „der Thora sagt uns gerade ganz wichtiges Prinzip, wichtig im Leben ist, dass wir uns mit dem Problemen auseinandersetzen, mit den Herausforderungen auseinandersetzen, nicht von denen fliegen…“
Vielleicht ist es an der Zeit, sich denen zuzuwenden, ohne die die jüdischen Gemeinden in Deutschland nicht einmal einen Tag lang existieren würden!