Über den Staat und seine Hofjuden

Gedanken über die deutsch-jüdische Beziehung

Das Beobachten von Beziehungen zwischen jüdischen Organisationen und den deutschen Amtsträgern auf allen Ebenen, vom Bundeskanzler bis zum Stadtrat, versetzt mich immer wieder ins Staunen darüber, wie das Wohlwollen deutscher Amtsträger zur realen Vernichtung jüdischer Gemeinden und zur vollständigen Assimilation jüdischer Bevölkerung Deutschlands führt.

Mit guten Vorsätzen ist der Weg zur Hölle gepflastert – diese bekannte Redewendung kann eins zu eins auf die gegebene Situation übertragen werden.

Meiner Meinung nach, besteht der fatale Fehler in den deutsch-jüdischen Beziehungen darin, dass zur Vereinfachung der Kontakte mit den Juden Deutschlands, der Status eines „offiziellen“ oder besser gesagt, eines „Hofjuden“ geschaffen wurde.

Zum „Hofjuden“ wurden der Zentralrat der Juden Deutschlands (zur Kommunikation auf der Bundesebene) und die diesem identischen (sowohl was die Strukturen, als auch was die besetzten Positionen angeht) lokale Gemeinden gewählt.

Ich behaupte, dass weder der Zentralrat der Juden noch die Vorstände der meisten jüdischen Gemeinden die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung Deutschlands repräsentieren.

Offizielle Machtträger vertrauen den „Hofjuden“ blind, ohne irgendwie in die Tätigkeit der Gemeinden einzudringen. In Deutschland werden weiterhin Synagogen gebaut, die jedoch nur einmal voll werden- bei der Eröffnungsfeier.

Leider blickt die Bundesregierung durch eine Geschichtslupe auf die jüdischen Organisationen. Jedes Mal, wenn eine neue Synagoge eröffnet wird, entschuldigen sie sich quasi für die Vergangenheit. Alles das, was geschehen ist, ist für immer ein Teil der Geschichte geworden, die man nicht vergessen darf, aus deren Fehlern man lernen soll, und die man an die folgenden Generationen weitergeben soll. Doch die ständige Erinnerung an das, was geschehen ist, hindert einen daran, vorwärts zu schreiten und zusammen in die Zukunft zu blicken.

Der in Deutschland geschaffene Status quo erlaubt es einigen Gemeinden, im wahren Sinn des Wortes, hinter den Rahmen des Gesetzes zu treten.

Als Kandidat bei den Wahlen zur Gemeindevertretung der Synagogengemeinde Köln, habe ich erfahren, dass die Wahlen in der jüdischen Gemeinde sich, was ihre Demokratie angeht, wenig von den Wahlen in totalitären diktatorischen Regimen, wie z.B. Libyen oder Kuba, unterscheiden.

Einige Kandidaten, die etwas dagegen hatten, dass demokratische Prinzipien mit Füßen getreten werden, haben eine Klage beim Amtsgericht Köln eingereicht mit der Forderung, die Willkür des Vorstands der Gemeinde zu stoppen. Bekam ich einen Anruf vom Richter, der mir geraten hat, die Klage zurückzuziehen, da das Kölner Amtsgericht sich nicht in die inneren Angelegenheiten einer religiösen Gemeinde einmischen darf. Ich war schockiert von dieser Antwort und habe versucht zu widersprechen:

„Die Bundesregierung schickt ihre Soldaten in die DR Kongo, und riskiert dabei ihr Leben, um dort demokratische Wahlen zu ermöglichen. Und in Köln, auf dem deutschen Boden, ist das Gericht machtlos gegen eine jüdische Gemeinde, die in erster Linie eine öffentliche Organisation ist und dann erst eine religiöse Gemeinde.“

Integration

Für wessen Integration stellt der Staat mehrere Millionen Euro bereit? Für wen werden Staatsgelder ausgegeben? Wen und wohin will die Führung jüdischer Gemeinden integrieren?

Die massive finanzielle Hilfe ist in erster Linie für die Integration russischsprachiger Einwanderer in die jüdischen Gemeinden gedacht. Eben solche Formulierungen finden ihren Einklang in den Verträgen zwischen den jüdischen Gemeinden und dem Staat. Es stellt sich die Frage: wo hinein werden diese Einwanderer integriert? In die jüdische Gemeinde oder in die deutsche Gesellschaft?

Laut ZdJ ist eine seiner Hauptaufgaben die Integration der Einwanderer aus der ehemaligen UdSSR in die jüdischen Gemeinden Deutschlands. Von den 190 000 jüdischen Einwanderern wurden 80 000 „integriert“, oder anders ausgedrückt, sind in die jüdischen Gemeinden eingetreten (Stand 2008 – E.G.).

Das jüdische Establishment jongliert ständig mit dem Begriff „Integration“ und interpretiert ihn dabei, wie es in den Kontext passt. Für die deutsche Regierung ist die Integration die Eingliederung der Juden in die Gemeinden, was den Wiederaufbau jüdischer Gemeinden bedeutet. Intern wird „Integration“ als die Anpassung an die deutsche Gesellschaft aufgefasst, wozu die Möglichkeiten der jüdischen Gemeinde relativ begrenzt sind.

Nichtjüdische öffentliche und religiöse Einrichtungen tun für die Integration von Migranten wesentlich mehr. Sie betreiben zahlreiche Integrationszentren, die Menschen aller Religionszugehörigkeiten besuchen dürfen. Für den Besuch der Sprachkurse der jüdischen Gemeinde Köln, aber, genügt es nicht, Mitglied der Gemeinde zu sein. Man muss außerdem einen Nachweis über die bezahlten Mitgliedsbeiträge vorweisen.

Leere Synagogen am Samstag zeugen davon, wie die s.g. Integration völlig in die Brüche gegangen ist.

Wenn man von der Integration des Autors, der den Originaltext dieses Artikels geschrieben hat, spricht, so hat die entscheidende Rolle dabei das Arbeitsamt gespielt, das Sprachkurse und eine Umschulung bezahlt hat. Die jüdische Gemeinde hat für meine Integration absolut gar nichts beigetragen. Und meine Vorschläge, meine Erfahrungen bzgl. Der Integration mit meinen Landsleuten zu teilen wurden nicht beachtet. Meine erste Mitgliedschaft in einer jüdischen Gemeinde (Düsseldorf) hatte einen „freiwillig-gezwungenen Charakter“, da man ohne eine Bescheinigung von der Gemeinde keine Aufenthaltserlaubnis erhalten konnte. Auf diese „legale“ Art bekommt man in die Gemeinde „integrierte“ Juden.

Zur Führung jüdischer Gemeinden

Lassen Sie uns einen Blick darauf werfen, wie sich die Führung in den jüdischen Gemeinden Deutschlands von den anderen Ländern der Welt unterscheidet. In allen Ländern haben die Menschen, die an der Spitze einer Gemeinde stehen diese Ehre durch ihre Errungenschaften verdient. Hier einige, vielleicht nicht ganz korrekte Beispiele: der Leiter der Föderation jüdischer Gemeinden der GUS, Lev Levajev, investiert jedes Jahr zweistellige Millionensummen in die Finanzierung jüdischer Schulen oder den Bau jüdischer Zentren. Arkadiy Gaidamak, kürzlich zum Mitglied des Kongresses jüdischer religiöser Gemeinden Russlands ernannt, hat seine Tätigkeit mit dem Bau des neuen Gemeindezentrums in Moskau im Wert von 30 000 000 $ begonnen. Ähnliche Leute stehen an der Spitze jüdischer Gemeinden in den USA.

Schade, dass unter den Sponsoren des neuen Gemeindezentrums in München die Familie Knobloch nicht zu finden ist. Ich kann mir natürlich vorstellen, dass einige unablösbare Vorstände verschiedener jüdischer Gemeinden mir widersprechen würden, denn gerade ihnen gelingt es, mehr und mehr Staatsgelder aufzutreiben.

Aktivitäten der Führungen großer jüdischer Gemeinden in Deutschland bestehen darin, unzählige Empfänge zu besuchen und Veranstaltungen mit Anwesenheit der Presse und verschiedener Machtträger zu organisieren. Meiner Ansicht nach, führen jüdische Funktionäre eine endlose PR-Kampagne für sich selbst durch.

Nicht weniger wichtig erscheint dabei folgender Aspekt der Tätigkeit des jüdischen Establishments – nämlich das Fordern von mehr finanziellen Mitteln für die ständig wachsenden Ausgaben für die „Integration“.

Ihre Bedeutung in der Gesellschaft hat die Führung aussterbender jüdischer Gemeinden in Deutschland erst mit dem Beginn der Einwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion erlangt. Gerade den Einwanderern verdankt sie ihren Übergang „vom Tellerwäscher zum Millionär“.

Noch ein paar Worte zur Zusammensetzung einer jüdischen Gemeinde (z.B. der Gemeinde Köln). Ein Drittel der Gemeindemitglieder sind Rentner, der Anteil der Jugendlichen beträgt nur 20%. Der Rest sind Mitglieder mittleren Alters, die meisten von ihnen über 50. Viele über 30 sind keine Mitglieder jüdischer Gemeinden. Viele von ihnen sind entweder erst gar nicht in die Gemeinde eingetreten oder sind aus ihr ausgetreten. Diese Kategorie sollte eigentlich das Fundament der Gemeinde bilden, doch gerade diese Leute fühlen sich nicht gut aufgenommen.

Wie lässt sich die Situation ändern?

Erstens, muss der Staat die Verteilung der Gelder kontrollieren. Zu diesem Zweck könnte man eine Arte Stiftungsrat einrichten, dessen Mitglieder Vertreter politischer Parteien und öffentlicher Organisationen sein könnten.

Wenn der Staat schon das deutsche Judentum unterstützt, muss man auch darauf achten, dass die finanziellen Mittel an alle jüdischen Organisationen verteilt werden, und nicht lediglich an die „Hofjuden“. Die Mitteln müssen für konkrete Projekte bestimmt sein und zwar etappenweise, je nach ihrer Verwertung. Ich bin mir sicher, dass bei kontrollierter Finanztätigkeit ein Teil der Gelder übrigbleibt, was man für Bildungsprogramme und den Kampf gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit verwenden könnte. Im Endeffekt bringt die Finanzierung der Bildung mehr als die Unterstützung der Illusion jüdischen Lebens.

Die demographische Entwicklung in den jüdischen Gemeinden ist katastrophal. Die Todesrate übersteigt die Geburtenrate um das Vielfache. Schon in 15-20 Jahren wird die Mitgliederzahl in den jüdischen Gemeinden um 1/3 sinken und die meisten kleinen Gemeinden werden einfach verschwinden. Und das alles geschieht nur aufgrund der mangelnden Bemühungen um die Arbeit mit Jugendlichen. Wenn man die Situation nicht ändert, sind alle riesigen Investitionen in die Wiederherstellung des jüdischen Lebens sinnlos.

Ich wende mich an alle, die blind die „Hofjuden“ unterstützen. Durch Ihre Taten tragen Sie zur „Endlösung“ der Judenfrage bei.

Das Original ist in russischer Sprache erscheinen: Aaron, „Jüdische Zeitung“, Nr. 8, 2008