Die September-Ausgabe (Nr. 9, 2020) des Gemeindeblattes enthält traditionell die Glückwünsche zum jüdischen Neujahrsfest Rosh-ha-Shana. Da die diesjährigen Gemeinderatswahlen auf Oktober verschoben wurden, ist die September-Ausgabe des Gemeindeblattes zu einem besonderen Platz für offene Werbung der „ausgewählten“ Kandidaten geworden.
Download: Gemeindeblatt_SGK_September_2020
Im Moment stachen folgende Kandidaten besonders hervor (möglicherweise wird die Oktoberausgabe die Situation noch ändern):
- Herz Krymalowski
- Robert Katona
- Leonid Kogan
- Dr. Michael Rado
- Dr. Daniel Weiss
Vorstand
- Isabella Farkas
- Abraham Lehrer
- Bettina Levy
- Dr. Felix Schotland
Wahlwerbung
Herzs Krymalowski
Die Familie Herzs Krymalowski veröffentlicht jedes Jahr die Neujahrswünsche und dieses Jahr war auch keine Ausnahme, nur die Anzeige hat sich aus nachvollziehbaren Gründen vergrößert (verdreifacht). (Die Anzeige wurde von Hr. Krymalowski privat finanziert)
Möglicherweise ein Zufall…
Quelle: Gemeindeblatt 9, 2020
So sah die Anzeige der Familie Krymalowski im Jahr 2019 aus:
Quelle: Gemeindeblatt 9, 2019
Dürfen wir die Anzeige von Herrn Krymalowski als eine Wahlwerbung bezeichnen?
Deckblatt des Gemeindeblattes: Katona, Kogan, Dr. Michael Rado, Dr. Daniel Weiss
Quelle: Gemeindeblatt 9, 2020
Wie positionieren sich diese vier Herren hier? Eine Familie, ein Verein? Nein, die Herren sind die Kandidaten in die Gemeindevertretung und bilden möglicherweise ein Wahlbündnis. (Die Anzeige wurde von Herren privat finanziert)
Beachten Sie bitte noch folgendes:
- Das Deckblatt ist die teuerste und die begehrteste Werbefläche.
- Das Deckblatt wird oft als erstes in die Hand genommen und die Seite mit den Abbildungen dieser Kandidaten wird Ihnen praktisch ins Auge stechen.
- Die Ausgabe des Gemeindeblattes wird in allen Einrichtungen der Synagogengemeinde verteilt und bleibt da wochenlang liegen.
Dr. Michael Rado
Es gibt bereits eine Anzeige der Familie Rado im Gemeindeblatt, aber für Dr. Rado scheint es nicht genug zu sein…
Quelle: Gemeindeblatt 9, 2020
Robert Katona, Leonid Kogan
Eine Anzeige auf dem Deckblatt war für beide Herren wohl nicht ausreichend. In der September-Ausgabe des Gemeindeblattes haben beide Kandidaten die Gemeindemitglieder zum Neujahrsfest im Namen der Organisation „B’NAI B’RITH Rheinland-Loge zu Köln“ (mit zirka 60 Mitglieder) zusätzlich gratuliert.
Herr Kogan ist der Vizepräsident von B’NAI B’RITH Rheinland-Loge zu Köln, Herr Katona ist der Schatzmeister dieser Organisation, wobei seine Frau die Präsidentin ist.
Quelle: Gemeindeblatt 9, 2020
So sah die Anzeige des Vereins in Jahr 2019 aus:
Warum haben die Herren Robert Katona und Leonid Kogan im Jahr 2019 den „Schwestern und Brüdern“ nicht persönlich gratuliert? Seit wann ist Position des Schatzmeisters so bedeutend ist, dass dieser auch die Gemeindemitglieder gratulieren soll?
Sind die B’NAI B’RITH-Mitglieder damit einverstanden, dass die Organisation in diesem Jahr in Interessen der beiden Herren handelt.
Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln
In diesem Jahr hat der Vorstand reichlich seine Unterschriften verteilt. Was hindert die Vorstandsmitglieder an, ohne Namen zu unterschreiben?
Seite 12
Seite 13
Seite 18
Außerdem gibt es auch einzelne Begrüßungen von Familien: Isabella Farkas, Abraham Lehrer, Bettina Levy und Dr. Felix Schotland
Seite 20
Seite 21
Seite 33
Seite 34
Auf der Seiten 33-34 geht es um die neue Webseite der Gemeinde. Auch dieser Betrag konnte nicht ohne den Vorstandsunterschriften bleiben…
Essenspaket nach Jom Kippur
Nach Fastenbrechen von Jom Kippur konnten die Besucher der Synagoge ein Essenspaket mitnehmen. So ist keiner nach 25 Stunden fasten (ohne Essen und Trinken) mit leerem Magen nach Hause gegangen. Das ist zweifelsohne eine dankenswerte Geste der Gemeinde. Da wegen Coronapandemie kein übliches Buffet möglich war, wurde diese Lösung gefunden.
Wie Sie auf dem Foto erkennen können, wurde die Tüten mit dem Etikett versehen, auf dem fünf Namen abgebildet sind: vier Vorstandsmitglieder und der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Hr. Michael Licht.
Wie kling für Sie der folgende Satz: „Max Mustermann wünscht ein gutes neues Jahr. Max Mustermann?“ Wäre für die genannten Personen nicht ausreichend, dass in der Begrüßung die Worte Vorstand und Gemeindevertretung bereits vorhanden sind?
Für die Mehrheit besteht hier kein Zweifel, dass die Aufkleber auf den Tüten kurz vor der Wahl nicht anders als eine indirekte Wahlwerbung ist.
Aber an diesem besonderen Tag, am Jom Kippur, an dem wir uns um Vergebung bitten und das eigene Verhalten kritisch hinterfragen, habe ich persönlich sowas nicht erwartet. Immer wieder schaffen die Damen und Herren der Gemeindeführung jegliche ethische Grenzen zu überschreiten.
Diskussionsrunde mit dem Botschafter des States Israel
Am 15.10.2020 (zehn Tagen vor Wahl) haben alle Empfänger der Gemeinde-Newsletter ein Link auf eine Diskussionsrunde zur aktuellen politischen Lage in Israel bekommen:
Quelle: Newsletter der Synagogen-Gemeinde Köln
Das Gespräch fand vor circa einem Monat statt. An dem Tag wurde auch die Begrüßung des israelischen Botschafters zu Rosh-ha-Shana aufgenommen.
Video: Rosch HaShana 5781: Ein Gruss des Botschafters des Staates Israel an die Synagogen-Gemeinde Köln
Eine Diskussionsrunde zur aktuellen politischen Lage, die Mitte September stattgefunden hat und Mitte Oktober veröffentlicht wurde, erinnert mich an das Sprichwort: Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern.
Jedes Mal stelle ich mir immer wieder dieselben Fragen…
- wurden alle Kandidaten darüber informiert, dass es eine Möglichkeit gibt, eine Anzeige auf dem Deckblatt zu veröffentlichen? Oder ist dieses Privileg nur für die „ausgewählte“ Mitglieder vorgesehen?
- was hat die Wahlkommission unternommen, um den Missbrauch von gemeinsamen Ressourcen der Gemeinde in solcher Form zu unterbinden?
- Warum wird in dieser Gemeinde immer wieder das Recht auf Chancengleichheit verletzt?
Ich hoffe, dass die Oktoberausgabe ohne Wahlwerbung kommt und die Fairness irgendwann eine Rolle in dieser Gemeinde spielt.
P.S. Jeder Gemeindemitglieder darf ein Glückwunschinserat veröffentlichen, hier sind die Preise:
Quelle: Gemeindeblatt 9, 2020
Eine Weiterleitung an die Mitglieder der Synagogen-Gemeinde Köln ist ausdrücklich erwünscht.